Das OLG Naumburg hat die Freisprüche für drei Tierschützer bestätigt, die in Ställe eingedrungen waren, um dort Missstände zu filmen. Ihre Tat sei gerechtfertigt gewesen.
Die drei waren wegen Hausfriedensbruchs angeklagt, das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat sie aber von dem Vorwurf freigesprochen (Urt. v. 22.02.2018, Az. 2 Rv 157/17). Die Frau und zwei Männer waren in Stallungen eines Tierzuchtunternehmens eingedrungen und hatten dort Missstände im Umgang mit den Tieren auf Bildern und Filmaufnahmen dokumentiert.
Laut einem Hinweis, den die Tierschützer bekommen hatten, sollten in der Zuchtanlage im Ortsteil Sandbeiendorf in der Gemeinde Burgstall in Sachsen-Anhalt unvertretbare Zustände herrschen. Unter anderem waren die Kastenstände für die mehr als 60.000 Tiere in der Anlage deutlich kleiner als gesetzlich vorgeschrieben. Weil sie davon ausgingen, dass eine Anzeige bei der zuständigen Behörde ohne Beweise wohl kein Einschreiten bewirken würde, entschlossen sie sich dazu, in die Stallungen einzudringen und die Zustände zu dokumentieren.
Die zuständige Staatsanwaltschaft klagte sie daraufhin wegen Hausfriedensbruchs an und forderte Geldstrafen zwischen 300 und 800 Euro. Schon das Amtsgericht teilte diese Ansicht nicht, später verwarf das Landgericht (LG) Magdeburg auch die Berufung der Staatsanwaltschaft (Urt. v. 11.10.2017, Az. 28 Ns 182 Js 32201/14).
Das Gericht sah damals zwar den Tatbestand des § 123 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) als erfüllt an, bewertete die Tat aber aufgrund eines Notstands gem. § 34 StGB als gerechtfertigt: Es habe eine Gefahr für das Tierwohl bestanden und die Angeklagten hätten dieses schützen wollen. Wenn staatliche Organe ihre Arbeit nicht so machten, wie es sein sollte, müssten die Bürger eingreifen, so der Vorsitzende Richter damals.
GroKo-Parteien wollen Straftatbestand für Einbrüche in Tierställe einführen
Die Staatswanwaltschaft wollte sich aber weiterhin nicht mit den Freisprüchen abfinden und ersuchte schließlich das OLG im Wege der Revision, diese aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Der 2. Strafsenat verwarf nun aber auch das letzte Rechtsmittel der Anklage.
Auch das OLG sah in dem gefährdeten Tierwohl einen rechtfertigenden Notstand, der es den Aktivisten erlaubt habe, in die Räume des Unternehmens einzudringen. Dabei stützte man sich auf die Feststellungen des LG, wonach die Angeklagten "auf Grund ihres stark ausgeprägten Mitgefühls für Tiere mit dem Ziel, die zuständigen staatlichen Stellen dazu zu veranlassen, auf die Einhaltung der Tierschutzregeln hinzuwirken" gehandelt hätten. Sie hätten das Filmmaterial den zuständigen Behörden vorgelegt und und Strafanzeige erstattet. Die daraufhin veranlassten behördlichen Kontrollen förderten diverse Verstöße gegen die Tierschutznutztierhaltungsverordnung zutage.
Die Tat sei zur Abwendung der Gefahr auch erforderlich gewesen, führte das OLG aus, denn mit einem Eingreifen der zuständigen Behörden sei in der Tat ansonsten nicht zu rechnen gewesen. Das Tierwohl überwiege im vorliegenden Fall auch das Hausrecht des Unternehmens, weil dieses gerade die Gefahr zu verantworten gehabt habe. Die Freisprüche sind damit rechtskräftig.
Die Revisionsentscheidung fiel nun zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die möglichen Regierungsparteien CDU, CSU und SPD in ihren Koalitionsgesprächen bereits auf eine Strafschärfung für Einbrüche in Tierställe geeinigt haben. Eine Anfrage von LTO an die Bundestagsfraktion der Union, ob die nun ergangene Gerichtsentscheidung Einfluss auf das Gesetzgebungsvorhaben haben könnte, blieb bis zur Veröffentlichung des Artikels unbeantwortet.
mam/LTO-Redaktion
OLG bestätigt Freisprüche für Aktivisten: . In: Legal Tribune Online, 23.02.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27191 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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