Karl Valentins "Buchbinder Wanninger" wird im Sketch von einer Person zur nächsten geschickt. Nun wird er auch von der Justiz durch die Instanzen gejagt. Das OLG München wies am Mittwoch die Klage von Valentins Enkelin gegen den Online-Versandhändler ab, der ein E-Book angeboten hatte, in dem Valentins Zeichnungen ohne dessen Erlaubnis enthalten waren.
Internet-Versandhändler haften laut einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München nicht für die Inhalte der von ihnen vertriebenen E-Books (v. 24.10.2013, Az. 29 u 885/13). Der Senat verglich den Online-Vertrieb in seiner Entscheidung mit dem Buchhandel, der auch nicht den Inhalt seines Sortiments auf etwaige Urheberrechtsverstöße abklopfen könne. "Keiner, der seine Urheberrechte verletzt sieht, wird gegen den einzelnen Buchhändler vorgehen", sagte der Vorsitzende Richter Rainer Zwirlein.
Im konkreten Fall ging es um einen Sketch des bayerischen Komikers Karl Valentin. Dessen Enkelin Anneliese Kühn hält die Urheberrechte an seinen Werken. Im November 2011 entdeckte sie im "Kindle-Shop" auf amazon.de das E-Book "Bitte warten! Das Wartebuch für Ungeduldige" - und darin einen Auszug aus dem Sketch ihres Großvaters über den "Buchbinder Wanninger". Kühn sah darin eine Urheberrechtsverletzung und mahnte Amazon ab. Der E-Book-Titel wurde daraufhin aus dem Angebot entfernt, die geforderte Unterlassungserklärung gab Amazon aber nicht ab.
"Solange er's nicht weiß, haftet er nicht"
Kühn klagte gegen die Amazon Media. Sie wollte so feststellen lassen, dass der Internet-Versandhandel für die von ihm vertriebenen elektronischen Bücher haftbar ist. Dies wurde nun vom OLG abgewiesen. Schon vor dem Landgericht München hatte Valentins Enkelin im Januar eine Niederlage erlitten.
"Wir leisten hier ein bisschen Pionierarbeit", sagte Richter Zwirlein. Für einen Unterlassungsanspruch gebe es mehrere mögliche Grundlagen, von denen hier aber keine greife. "Solange er's nicht weiß, haftet er nicht", sagte Zwirlein über den Online-Versandhandel und mögliche Urheberrechtsverletzungen. Schuldhaft hätte der Händler nur gehandelt, wenn er auf die Abmahnung nicht reagiert hätte.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das OLG die Revision zugelassen. Anwalt Peter Reinke kündigte auch sogleich an, vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu ziehen.
Auch der "Buchbinder Wanninger" - eine der berühmtesten Figuren von Karl Valentin - wird im Sketch mehrfach weitergereicht. Er will von der Baufirma Meisel & Compagnie telefonisch Auskunft, wohin er seine Rechnung schicken soll, und stolpert von einem Ansprechpartner zum nächsten. Als er endlich am Ziel scheint, ist es zu spät: "Wir haben jetzt Büroschluss, rufen Sie doch morgen bitte wieder an."
dpa/cvl/LTO-Redaktion
OLG München zu Urheberrecht: . In: Legal Tribune Online, 24.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9892 (abgerufen am: 14.11.2024 )
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