Ein Nichtraucherverein kämpft gegen den Zigarettenverkauf im Supermarkt - und will verbieten lassen, dass die Ekelbilder auf den Schachteln im Automaten verdeckt werden. Doch das OLG München hält dagegen.
Supermärkte müssen die Ekelbilder auf Zigarettenschachteln auch künftig nicht für sämtliche Kunden sichtbar an der Kasse präsentieren. Das Oberlandesgericht (OLG) München wies am Donnerstag eine Klage der Initiative Pro Rauchfrei ab, mit der zwei Edeka-Geschäften verboten werden sollte, die gruseligen Fotos von Krebsgeschwüren, faulen Zähnen und schwarzen Lungen im Verkaufsautomaten zu verdecken (Urt. v. 25.07.2019, Az. 29 U 2440/18). "Wir meinen, dass die Klage nicht begründet ist", sagte der Vorsitzende Richter Andreas Müller am Donnerstag.
Es war die zweite Niederlage des Nichtrauchervereins: Vor einem Jahr hatte schon das Landgericht München in der ersten Instanz die Klage abgewiesen. Nächste Etappe wird der Bundesgerichtshof in Karlsruhe sein, denn Pro Rauchfrei will den Streit durch alle Instanzen durchfechten, notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof, wie der Vorsitzende Siegfried Ermer nach dem Urteil sagte. Die Revision zum BGH haben die Münchner Richter jedenfalls schon mal zugelassen.
Eigentliches Ziel von Pro Rauchfrei ist, den Zigarettenverkauf in Automaten grundsätzlich zu verbieten. "Deutschland ist das einzige Land, in dem es überhaupt noch Zigarettenautomaten gibt", sagte Ermer.
Die EU-Tabakrichtlinie schreibt vor, dass auf Zigarettenpackungen große abschreckende Fotos gezeigt werden müssen. Zusammen mit Warnungen wie "Rauchen ist tödlich" müssen diese Bilder mindestens zwei Drittel der Fläche auf den Vorder- und Rückseiten der Packungen einnehmen. In vielen Supermärkten sind die Fotos im Verkaufsautomaten aber verdeckt.
OLG: Schockbilder-Anblick kurz vorm Bezahlen ausreichend
Die Richter am OLG argumentierten ähnlich wie das Landgericht vor einem Jahr: Die Schockbilder müssten lediglich im Moment des Kaufs auf der Zigarettenschachtel zu sehen sein. Dabei sei der Automat an der Supermarktkasse nicht Teil der Verpackung, sondern eine "Verkaufsmodalität", also bloß ein Gerät zum Bereithalten der Zigaretten für den Verkauf.
Das sieht der Verein anders: "Das ist kein Bereithalten, sondern ein Verstecken der Zigarettenschachteln in diesen Automaten", sagte der Pro-Rauchfrei-Anwalt Marc Pütz-Poulalion. Er verwies darauf, dass Supermärkte Schnapsflaschen für jedermann sichtbar in durchsichtigen Glaskästen präsentieren. "Es besteht überhaupt kein Grund, die Ware zu verstecken." Die Münchner Richter entgegneten darauf: "Nach dem Wortlaut besteht lediglich das Verbot, die auf der Packung befindlichen Warnhinweise zu verdecken."
Richter und Klägeranwälte stritten im Gerichtssaal auch darüber, welche Handlungen bereits zum Akt des Einkaufens gehörten. Zählt schon das Drücken der Auswahltaste des Zigarettenautomaten dazu oder ist es erst der Moment des Bezahlens?
Nach Einschätzung des Gerichts werden den Käufern jedenfalls keine wesentlichen Informationen vorenthalten, wenn sie die Gruselfotos erst kurz vor dem Bezahlen zu sehen bekommen. Das sei ausreichend, befand Richter Müller – "auch wenn es sich nur um einen sehr kurzen Moment handelt".
Der Pro-Rauchfrei-Vorsitzende Ermer warf nach dem Urteil der deutschen Politik Kungelei mit der Tabakindustrie vor: "Man muss in Deutschland um den Gesundheitsschutz kämpfen bis aufs Letzte. Es wird mit Paragrafen versucht, den Gesundheitsschutz im Rahmen der industriellen Interessen kleinzuhalten."
dpa/acr/LTO-Redaktion
OLG München zu Schockbildern auf Zigarettenpackungen: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36699 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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