Das Bewertungsportal Yelp muss nach einem Urteil des OLG München Schadensersatz an schwach bewertete Fitness-Studios zahlen. Die Art und Weise, wie die Bewertung zustande kommt, stehe im Widerspruch zum Wesen eines Bewertungsportals.
Das Online-Bewertungsportal Yelp muss Schadensersatz an drei Fitness-Studios aus dem Münchener Umland zahlen. Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied am Dienstag zugunsten der Betreiberin der Sportstätten. Sie soll nun knapp 800 Euro pro Studio plus Zinsen bekommen. Außerdem soll Yelp die Prozesskosten übernehmen und künftig in Deutschland alle Bewertungen in die Gesamtwertung einschließen lassen - nicht nur diejenigen, die als "empfohlen" deklariert werden (Urt. v. 13.11.2018, Az. 18 U 1280/16 u.a.).
Die Betreiberin der Fitness-Studios, die ehemalige Weltmeisterin im Bodybuilding Renate Holland, hatte auf Unterlassung geklagt. Der Grund: Weil nur Wertungen eingingen, die von einer Empfehlungssoftware nach verschiedenen Kriterien ausgewählt und mit dem Prädikat "empfohlen" versehen wurden, fiel die Gesamtbewertung ihrer Studios schlechter aus, als wenn alle Bewertungen gezählt worden wären. Die Fitness-Studios waren dadurch insgesamt nur mit zwei oder drei von fünf möglichen Sternen bewertet worden. Auf Yelp haben Nutzer die Möglichkeit, Geschäfte aller Art zu bewerten - von einem Stern ("Boah, das geht ja mal gar nicht") bis zu fünf Sternen ("Wow! Besser geht's nicht").
Nach Auffassung des OLG verstehe der Leser die Gesamtbewertung zunächst dahin, dass es sich dabei um die Auswertung aller abgegebenen Bewertungen handele. Tatsächlich lässt Yelp aber nur die "empfohlenen" Bewertungen in die Gesamtbewertung einfließen. In den konkreten Fällen wurden dadurch bis zu 95 Prozent der Einzelbewertungen gar nicht für die Gesamtbewertung berücksichtigt.
Die Empfehlungen werden dabei von einer Software nach verschiedenen Kriterien erstellt. So wird unter anderem berücksichtigt, wie viele Bewertungen ein Nutzer bisher abgegeben hat: Wenn er neu oder wenig aktiv ist, landen seine Beiträge oft unter den "nicht empfohlenen" und tragen nicht zur Gesamtbewertung bei.
OLG: Bewertungsweise verzerrt Gesamtbild
Die Gesamtbewertung stelle deswegen eine eigene Aussage von Yelp darüber dar, welche Bewertung das Portal aufgrund eigener Auswahl und Beurteilung für zutreffend hält. Damit sei die Gesamtbewertung nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Meinungsäußerung zu qualifizieren.
Bei einer Abwägung der Meinungsfreiheit mit dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der klagenden Holland überwiegt nach Auffassung des Gerichts letzteres. Denn: Einen nachvollziehbaren Grund dafür, warum die Studios schlechter bewertet wurden als es dem rechnerischen Durschnitt eigentlich entsprechen würde, habe Yelp nicht dargelegt.
Letztlich stehe die von Yelp ausgewiesene Gesamtbewertung zum Wesen eines Bewertungsportals im Widerspruch, entschied das OLG. Da der Großteil der Bewertungen aussortiert werde, ohne dass dies für die Nutzer ohne weiteres erkennbar ist und ohne dass die maßgeblichen Gewichtungskriterien vollständig offengelegt werden, entstehe nach Auffassung der Münchner Richter kein hilfreiches, sondern ein verzerrtes Gesamtbild.
Die Revision zum Bundesgerichtshof ist zugelassen.
acr/LTO-Redaktion
mit Matierialien der dpa
OLG München zu Online-Bewertungen: . In: Legal Tribune Online, 13.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32061 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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