Ein Journalist beschäftigte sich in einem Artikel sachlich mit der Frankfurter Buchmesse und rechtem Gedankengut, er wurde daraufhin als "Gashahnaufdreher" bezeichnet. Das OLG Köln sieht darin eine erhebliche Ehrkränkung.
Setzt sich ein Journalist in einem Beitrag sachlich mit der NS-Zeit auseinander, rechtfertigt dies nicht die Bezeichnung als "Gashahnaufdreher", entschied das Oberlandesgericht Köln (OLG) in einem aktuellen Urteil (v. 10.12.2019, Az. III-1 RVs 180/19).
"Versteht es doch endlich: Rechtes Gedankengut darf nicht toleriert werden" – unter diesem Titel beschäftigte sich ein Journalist mit dem Auftritt des AfD-Politikers Björn Höcke auf der Frankfurter Buchmesse. Der Artikel wurde auf der Seite eines Online-Magazins veröffentlicht. Als Reaktion auf diesen Beitrag wurde auf einer Homepage im Internet ein Bericht veröffentlicht, in dem der angeklagte Verfasser unter anderem bezogen auf den genannten Journalisten schrieb: "Er tut dabei so, als hätten solche intoleranten Mindertalentierten und Mitläufer wie er, die anno Adolf mit absoluter Sicherheit eine Superkarriere als Gashahnaufdreher hingelegt hätten, irgendeine andere stalinistische Kackmeinung als die ihrige je toleriert."
Das Landgericht Bonn hatte den angeklagten Verfasser hinsichtlich dieser Äußerung noch freigesprochen. Dieses Urteil hat der Kölner Strafsenat nun aber aufgehoben. Die Bezeichnung als "Gashahnaufdreher" sei in erheblichem Maße ehrkränkend. Der Journalist werde dadurch in die Gruppe der Personen mit nationalsozialistischer Gesinnung gerückt, ohne dass dafür ein erkennbarer Grund bestehe. Er habe lediglich ein gesellschaftliches Phänomen angesprochen und sei in seinem Artikel auch in Wortwahl und Ausdruck durchweg moderat und sachlich geblieben. Der angeklagte Verfasser jedoch habe nur die Person des Journalisten in den Fokus genommen und ihm unterstellt, dass er im NS-Regime ein "Mitläufer" gewesen wäre.
Die Veröffentlichung des Angeklagten sei, so das OLG Köln, weder im Rahmen des "Rechts zum Gegenschlag" im geistigen Meinungskampf angezeigt noch durch die vom Angeklagten angeführte Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG) gerechtfertigt gewesen. Der nämlich gelte nicht schrankenlos, sondern werde insbesondere auch durch die in Art. 1 GG garantierte Menschenwürde begrenzt, auf die sich wiederum der Journalist berufen könne. Das LG habe insbesondere nicht ausreichend zwischen den Grundrechten des Verfassers aus Art. 5 Abs. 1 und 3 GG und dem Persönlichkeitsrecht des Journalisten aus Art. 2 Abs. 1 GG abgewogen.
ast/LTO-Redaktion
OLG Köln zur Beleidigung im Internet: . In: Legal Tribune Online, 16.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39259 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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