Auch das OLG Köln ist der Ansicht, dass es sich bei Springer-Chef Döpfners "Zu-Eigen-Machen" von Böhmermanns Schmähgedicht um eine zulässige Meinungsäußerung handelte. Erodgan hatte deswegen eine einstweilige Verfügung gegen ihn beantragt.
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat die sofortige Beschwerde des türkischen Staatspräsidenten Recep Erdogan gegen einen Beschluss des Landgerichts (LG) Köln zurückgewiesen (Beschl. v. 21.06.2016, Az. 15 W 32/16). Erdogan hatte vor dem LG erfolglos den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Vorstandsvorsitzenden des Springer Verlags, Mathias Döpfner, beantragt.
Döpfner hatte auf der Internetseite der Zeitung Die Welt seine Solidarität mit Jan Böhmermanns "Schmähgedicht" bekundet und in einem "PS" erklärt, er wolle sich "vorsichtshalber allen Ihren Formulierungen und Schmähungen inhaltlich voll und ganz anschließen und sie mir in jeder juristischen Form zu eigen machen".
Das OLG hat nun die erstinstanzliche Abweisung des Antrags bestätigt. Auch der Senat bewertete den "offenen Brief" Döpfners als eine von Artikel 5 des Grundgesetzes (GG) geschützte zulässige Meinungsäußerung. Es handele sich bei dem Brief zuvorderst um eine Stellungnahme zur rechtlichen Zulässigkeit des Beitrags von Böhmermann in dessen Sendung Neo Magazin Royale. Dass Döpfner den Beitrag von Böhmermann gutheiße, sei vom Grundgesetz als zulässige Meinungsäußerung geschützt.
Keine Bewertung des Gedichts selbst
Auch das "PS" des Briefes führe nicht zu einem Unterlassungsanspruch. Im Presserecht könne das "Zu-Eigen-Machen" einer fremden Äußerung zwar zu einer erhöhten Verantwortlichkeit führen. Ein solcher Fall sei hier aber nicht gegeben. Denn auch das Post Scriptum sei Teil der Auseinandersetzung um die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Meinungs- und Kunstfreiheit sowie um die Diskussion hierüber im Anschluss an das "Schmähgedicht" Böhmermanns. Gegen ein "Zu-Eigen-Machen" im presserechtlichen Sinne spreche laut Mitteilung des OLG schon, dass Döpfner das Gedicht in seiner satirischen Einkleidung nicht wiederholt habe.
Vielmehr gehe es Döpfner erkennbar darum kundzutun, dass er das Gedicht in der von Böhmermann vorgetragenen Form für Satire und damit für zulässig halte, befand der Senat. Dass er das Gedicht ohne satirische Einkleidung für zulässig halte, sei dagegen weder behauptet noch ersichtlich. Eine andere rechtliche Bewertung folgt auch nicht daraus, dass der offene Brief das Wort "Ziegenficker" enthält. Denn mit dem Begriff habe der Springer-Chef lediglich eine Passage des Gedichts in Bezug genommen und nicht Erdogan bezeichnet. Das LG Hamburg hatte unter anderem diese Stelle für unzulässig gehalten.
Keine Aussage hat der Senat dazu getroffen, wie die Äußerungen von Böhmermann selbst rechtlich zu bewerten sind.
acr/LTO-Redaktion
Schmähgedicht: OLG Köln zu Verfügung gegen Springer-Chef Döpfner: . In: Legal Tribune Online, 21.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19738 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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