Sahra Wagenknecht sei eine Person, die Putins illegalen Krieg in der Ukraine akzeptiere – äußerte CDU-Politiker Frank Sarfeld in einer britischen Zeitung. Laut OLG Köln muss Wagenknecht den Vorwurf des pro-russischen Verhaltens hinnehmen.
Sahra Wagenknecht muss eine Äußerung hinnehmen, wonach sie den Krieg Putins in der Ukraine akzeptiere. Die Chefin des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) scheiterte mit einer entsprechenden sofortigen Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts (LG) Köln vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln (Beschl. v. 11.10.2024, Az. 15 W 116/24).
Konkret ging es um eine Äußerung des CDU-Politikers Frank Sarfeld in der britischen Zeitung The Times. Dort hatte Sarfeld geäußert, Wagenknecht akzeptiere den illegalen Krieg, den Putin in der Ukraine gestartet hat ("a person who […] accepts the illegal war Putin has started in Ukraine"). Gegen diese Äußerung ging Wagenknecht, vertreten von Rechtsanwalt Markus Kompa aus Köln, vor - und scheiterte zuerst vor dem LG und nun auch vor dem OLG Köln mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch stehe ihr weder aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG noch aus einem anderen Rechtsgrund zu. Sarfeld wurde vertreten von der Medienkanzlei Brost Claßen, ebenfalls aus Köln.
Laut OLG ist die Äußerung Sarfelds als Meinungsäußerung einzustufen und gerade nicht als Tatsachenbehauptung, worauf es in solchen Fällen äußerungsrechtlich ankommt. Im Artikel der The Times sei zunächst in Form von Zitaten von Amira Mohamed Ali, ebenfalls Parteivorsitzende des BSW, die Haltung des BSW zum Krieg in der Ukraine dargestellt worden. Im Anschluss daran werde thematisiert, dass liberalere CDU-Politiker gegen mögliche Koalitionen mit dem BSW seien. In diesem Zusammenhang müsse Sarfelds Äußerung betrachtet werden, so das OLG. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Sarfeld eine Kampagne gegen eine Annäherung seiner Partei an das BSW organisiert. In diesem Gesamtkontext wird einem durchschnittlichen Leser laut OLG deutlich, dass Sarfeld mit seiner Äußerung die Haltung Wagenknechts zu Russland kritisch bewerten wolle und es ihm gerade nicht um die Wiedergabe von Tatsachen gehe.
Keine Schmähkritik, kein Fehlzitat
Es handele sich auch nicht um eine unzulässige Schmähkritik oder Formalbeleidigung, weil Wagenknecht mit der Äußerung nicht in ihrer Person diffamiert werde, sondern es um die – wenn auch sehr kritische – Bewertung ihrer politischen Haltung gehe, so das OLG.
Die Meinungsäußerung erfolge dabei auf Basis einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Wagenknecht hat sich laut OLG "unstreitig dafür ausgesprochen, dass die nach Ansicht von Experten bestehende militärische Pattsituation in der Ukraine am Verhandlungstisch beendet werden solle, wobei – im Hinblick auf die militärische Stärke Russlands und zur Vermeidung der Gefahr einer nuklearen Auseinandersetzung – auch die Aufgabe besetzter Gebiete durch die Ukraine eine Option sein könne", heißt es in dem Beschluss. Dass Sarfeld vor diesem Hintergrund davon spricht, dass Wagenknecht den Krieg "akzeptiert" habe, sei im politischen Meinungskampf und den dort geltenden Maßstäben für Äußerungen nicht zu beanstanden.
Die Äußerung Sarfelds sei auch nicht als unwahre Tatsachenbehauptung als Fehlzitat zu untersagen. Es sei dem Gesamtkontext nämlich nicht zu entnehmen, dass Sarfeld eine eigene Äußerung Wagenknechts in Form eines Zitates habe wiedergeben wollen. Es handele sich um ein Zitat von Sarfeld selbst und dessen Einschätzung der politischen Haltung Wagenknechts. Dass Wagenknecht diese Bewertung ihrer eigenen politischen Haltung nicht teile, mache die Aussage nicht zu einem Fehlzitat.
pdi/LTO-Redaktion
OLG Köln verneint Unterlassungsanspruch: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55644 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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