Wer einem Nachbarn im Rahmen einer Gefälligkeit leicht fahrlässig einen Schaden zufügt, kann von dessen Versicherung in Regress genommen werden. Haftungsprivilegierungen, wie etwa zwischen Mieter und Vermieter, gibt es nicht, entschied das OLG Hamm.
Eine Versicherungsgesellschaft aus Köln verlangte von einem Mann im Wege des Regresses Ersatz für Wasserschäden am Hause seines Nachbarn.
Der Beklagte hatte nämlich – entsprechend guter nachbarlicher, jahrelang praktizierter Übung – während der Urlaubszeit die Blumen seines Nachbarn gegossen. Absprachegemäß hatte er dabei zur Bewässerung des Gartens auf den nachbarlichen Teich zurückgegriffen und das entnommene Wasser dann mit dem Gartenschlauch wieder aufgefüllt. Leider vergaß er, das Wasser wieder abzustellen und den Schlauch aus dem Teich zu entfernen. In der Folge lief der Teich über und setzte den Keller des Urlaubers unter Wasser. Für den Sachschaden in Höhe von insgesamt rund 7.300 Euro kam die Gebäude- und Hausratversicherung des Geschädigten zwar auf, allerdings verlangte sie ihrerseits die Erstattung der Kosten vom Verursacher, dem hilfsbereiten Nachbarn.
In erster Instanz obsiegte noch der Nachbar. Das Landgericht befand, das der einem Nachbarn aus leichter Fahrlässigkeit zugefügte Schaden, den dessen Gebäude- und Hausratversicherung ausgleiche, keinen Regressanspruch der Versicherung gegen den Schädiger begründe. Ebenso wie im Verhältnis des Gebäudeversicherers eines Vermieters zum haftpflichtversicherten Mieter, bei dem die Rechtsprechung mit Rücksicht auf das langfristig angelegte Mietverhältnis eine Haftungsbeschränkung annehme, müsse eine solche auch für das gute nachbarschaftliche Verhältnis gelten. Dieses müsse ebenso wie ein langfristiges Mietverhältnis von Spannungen freigehalten werden, die durch die Verpflichtung der Parteien zur Unterstützung von Regressansprüchen ihrer jeweiligen Versicherer entstehen könnten.
Dem folgte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm nicht. Auf die Berufung des Versicherers entschied der 9. Zivilsenat zu dessen Gunsten. Das Rechtsverhältnis des hilfsbereiten Beklagten zu seinen Nachbarn sei, so der Senat, nicht Gegenstand einer vertraglichen Beziehung gewesen. Die Übernahme der Bewässerung des Gartens eines Nachbarn während dessen Urlaubsabwesenheit gehöre zu den alltäglichen, unentgeltlich erbrachten Gefälligkeiten im Rahmen einer intakten nachbarschaftlichen Gemeinschaft.
Einen Ausschluss des bestehenden deliktischen Anspruch aus § 823 Bürgerliches Gesetzbuch gegen den Nachbarn verneint das OLG. Dafür reicht das Nachbarschaftsverhältnis allein nicht aus, denn nru aus diesem lasse sich keine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz ableiten. Die über Jahre von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme, dass zwischen Mieter und Vermieter auf einen Regress verzichtet wird, sei nicht ohne weiteres auf andere Konstellationen übertragbar. Da im vorliegenden Fall auch sonst kein Haftungsverzicht zwischen den Nachbarn besprochen worden war, sei der Verursacher der Überschwemmung regresspflichtig (Urt. v. 17.11.2015, Az. 9 U 26/15).
mbr/pl/LTO-Redaktion
OLG Hamm zur nachbarschaftlichen Gefälligkeit: . In: Legal Tribune Online, 19.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18181 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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