Zwei Anhänger des BVB hatten bei einem Bundesligaspiel gegen Mainz 05 im April 2014 das sogenannte U-Bahn-Lied in Richtung gegnerischer Fans gesungen. Das OLG Hamm bestätigte jetzt die Verurteilung des AG Dortmunds wegen Volksverhetzung.
Das sogenannte U-Bahn-Lied, mit welchem zum Ausdruck gebracht wird, eine U-Bahn von Jerusalem nach Auschwitz bauen zu wollen, kann den Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) erfüllen. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und damit die Verurteilung zweier Anhänger des Fußballclubs Borussia Dortmund durch das Amtsgericht (AG) Dortmund bestätigt. Die jetzt veröffentlichte Entscheidung des OLG ist rechtskräftig (Beschl. v. 01.10.2015, Az. 1 RVs 66/15).
Die beiden Fans sollen nach den Feststellungen des AG beim Spiel ihres Vereins gegen den FSV Mainz 05 im April 2014 das Lied in Richtung einer Gruppe gegnerischer Anhänger gesungen haben – deutlich hörbar für die umstehenden Personen. Das Dortmunder Gericht verurteilte die beiden zu Geldstrafen von jeweils 90 Tagessätzen zu je 60 Euro, somit 5.400 Euro.
Aufgrund der Sprungrevision der beiden Verurteilten hatte das OLG nun über die amtsgerichtliche Entscheidung zu befinden. Der 1. Strafsenat gelangte zu der Ansicht, dass die Angeklagten eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) bezeichneten Art verharmlost hätten. Die Verharmlosung sei zudem geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören.
"Jerusalem war am Spiel nicht beteiligt"
§ 6 VStGB verbiete es, eine nationale, rassische, religiöse oder ethische Gruppe unter Lebensbedingungen zu stellen, die sie körperlich zerstören könne. Das im Liedtext besungene Jerusalem, von welchem eine U-Bahn nach Auschwitz gebaut werden solle, stehe als Synonym für Juden, so das OLG. So verbildliche der Text die Transporte der Opfer des Holocaust in das Konzentrationslager Auschwitz.
Wie der Senat weiter ausführte, hätten die Angeklagten darauf hingewirkt, die Bezüge der Vergangenheit in einen Kontext zu einem künftigen Geschehen zu stellen. Denn mit dem Lied hätten die Sänger zu verstehen gegeben, dass die U-Bahn "erst noch gebaut" werden solle. Dass es den beiden Fans hinsichtlich des besungenen Bauprojekts "ersichtlich" am Ernst gefehlt habe, sei unbeachtlich, da der Text jedenfalls symbolisch die Möglichkeit zum Ausdruck bringe, dass eine Wiederholung des Holocaust denkbar sei, heißt es in der Gerichtsmitteilung.
Durch das Singen des Liedes erscheine der Völkermord der Nationalsozialisten an den Juden "in seinem Unrechtsgehalt begrenzt, mithin nicht schwerwiegend und der Gedanke einer Wiederholung als billigenswert". Ein verständiger Zuhörer müsse es als Verharmlosung des Holocausts werten.
Nach Ansicht des OLG gäbe es keine Begleitumstände, die das Lied in einen hiervon abweichenden Kontext – etwa der Fanrivalität – stellen könnten. Zwar hätten die beiden Angeklagten in Richtung Mainzer Anhänger gesungen, sie hätten aber ausdrücklich über Jerusalem gesungen. "Und Jerusalem sei am Spiel nicht beteiligt gewesen", formuliert es das Gericht in seiner Pressemitteilung.
una/LTO-Redaktion
OLG Hamm bestätigt Verurteilung von BVB-Fans: . In: Legal Tribune Online, 03.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18354 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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