Das OLG Hamm hat der zwangsweisen Behandlung aufsässiger Untersuchungsgefangener mit Medikamenten in NRW einen Riegel vorgeschoben. Das UVollzG stelle keine gesetzliche Grundlage dar, entschieden die Richter.
Die Zwangsmedikation eines in Untersuchungshaft Inhaftierten kann nicht auf der Grundlage des nordrhein-westfälischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (UVollzG NRW) erfolgen. Sie bedarf vielmehr einer besonderen gesetzlichen Grundlage, die die Zulässigkeit des Eingriffs klar und bestimmt regelt, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Beschl. v. 17.03.2016, Az. 5 Ws 88/16).
Hintergrund ist der Fall eines 27-Jährigen, der sich derzeit vor dem Landgericht (LG) Arnsberg unter strengen Sicherheitsauflagen wegen Totschlages verantworten muss. Dem Mann, der als gefährlich und unberechenbar eingestuft wird, sollten nach seiner Verhaftung in einem Justizkrankenhaus wegen einer psychischen Erkrankung und damit verbundenen Aggressionen zwangsweise Neuroleptika verabreicht werden. Das gebe das nordrhein-westfälische Untersuchungshaftvollzugsgesetz aber nicht her, urteilte das OLG und bestätigte damit eine Entscheidung des LG.
In dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss weist das Gericht darauf hin, dass eine Zwangsmedikation nicht allein mit Gefahrenabwehr gerechtfertigt werden könne. Das NRW-Gesetz erfülle nicht die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für einen so schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte wie die Verabreichung von Medikamenten gegen den Willen des Betroffenen.
Bereits zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe die Regelungen zur Zwangsmedikation psychisch kranker Straftäter in NRW beanstandet. In einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss nach der Verfassungsbeschwerde eines Betroffenen aus dem Maßregelvollzug hatte das höchste Gericht die Vereinbarkeit des NRW-Maßregelvollzugsgesetzes mit dem Grundgesetz zumindest in Frage gestellt.
dpa/acr/LTO-Redaktion
OLG Hamm zu UVollzG NRW: . In: Legal Tribune Online, 01.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18937 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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