OLG zum Vertrieb nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel: Ein Pröb­chen für die Apo­theke ist erlaubt

09.03.2022

Wenn Außendienstmitarbeiter ein nichtverschreibungspflichtiges Schmerzgel an Apotheken zu Testzwecken übergeben, verstößt das nicht gegen das Arzneimittelgesetzt, so das OLG Frankfurt.

Außendienstmitarbeiter eines Arzneimittelherstellers dürfen Apotheken kostenlos eine einzelne Verkaufsverpackung eines nicht verschreibungspflichtigen Schmerzgels mit dem Aufdruck "Zu  Demonstrationszwecken" abgeben, hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden (Urt. v. 10.2.2022, Az. 6 U 161/15). Die Abgabe verstoße weder gegen das Arzneimittelgesetz noch gegen das Heilmittelwerbegesetz.

Die Außendienstmitarbeiter eines Arzneimittelherstellers hatten ein nicht verschreibungspflichtiges Schmerzgel kostenlos an Apotheken abgegeben. Die Verpackungen waren dabei mit der Aufschrift "Zu Demonstrationszwecken" gekennzeichnet. Ein anderer Vertreiber von apothekenpflichtigen Arzneimitteln klagte auf Unterlassung: Er sah in dieser Abgabe einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) sowie gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Das Landgericht hatte zunächst einen Unterlassungsanspruch bejaht.

Der Streit ging letztlich über den Bundesgerichtshof (BGH, Revisionsinstanz) bis hin zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). Letzterer hat entschieden, dass die relevanten europäischen Richtlinie nicht der Abgabe von Gratismustern nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheken entgegenstehen (Urt. v. 11.06.2020 - Az. C-786/18).  

Nun war der Fall wieder beim OLG gelandet, das die Unterlassungsanträge gemäß der Vorgaben des BGH und des EuGH zurückgewiesen hat. Die Abgabe des Arzneimittels zu Demonstrationszwecken verstoße gemäß der Auslegung des EuGH nicht gegen das AMG. Die Regelungen des HWG seien in dem Fall auch nicht berührt: Die Apotheke habe nicht widerlegen können, dass es allein darum gegangen sei, "den Apothekern Konsistenz und Geruch des Produkts vorzuführen" - das sei schließlich erlaubt. Die Außendienstmitarbeiter hätten den Apotheken jeweils nur ein einzelnes Exemplar überlassen. Durch den Aufdruck "zu Demonstrationszwecken" werde das Produkt nicht mit dem handelsüblichen Original gleichgesetzt.

Darüber hinaus habe auch nicht die Gefahr bestanden, dass das Produkt an Apothekenkunden weitergegeben wird. Damit sei auch eine realistische Gefahr der unsachlichen Beeinflussung des Apothekers ausgeschlossen. Das Exemplars mit dem Aufdruck "Zu Demonstrationszwecken" habe daher erkennbar nur der  Eigenerprobung des Apothekers bzw. seines Personals gedient. "Eine für den Betrieb wirtschaftlich interessante Kundenbindung lässt sich so nicht aufbauen", stellte das OLG fest.

cp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG zum Vertrieb nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel: . In: Legal Tribune Online, 09.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47771 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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