Zu laut, zu staubig und zu viel Erschütterung – eine Anwaltskanzlei hat sich erfolgreich gegen die Sanierung durch ihren Vermieter gewehrt. Geistige Tätigkeiten müssten ungestört durchgeführt werden können, entschied das OLG Frankfurt a.M.
Eine Anwaltskanzlei hat sich erfolgreich gegen die Sanierung durch ihren Vermieter gewehrt. Die vermietende Bank ist dazu verpflichtet worden, die umfangreiche Sanierung eines Gebäudes im Frankfurter Westend zu stoppen. Der als Mieter im vierten Stock ansässigen Anwaltskanzlei seien die dabei entstehenden Immissionen nicht zuzumuten, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Montag veröffentlichten Urteil (Urt. v. 12.03.2019, Az. Az. 2 U 3/19).
Die Bank hatte das Gebäude im vergangenen Jahr gekauft. Die Kanzlei, die einen Mietvertrag bis Ende 2023 hat, wurde um vorzeitigen Auszug gebeten. Die Anwälte wollten jedoch trotz der vom neuen Hausherrn angekündigten Modernisierungsarbeiten auch gegen das Angebot einer Abstandszahlung nicht weichen. Im November begann dann die Bank mit dem Abbruch massiver Innenwände im Erdgeschoss und anderer Maßnahmen zur Entkernung des Gebäudes. Dagegen erließ bereits das Landgericht (LG) Frankfurt am Main auf Antrag der Kanzlei eine einstweilige Verfügung.
Das OLG sprach nun ebenfalls von massiven Beeinträchtigungen für die Kanzlei. Der geplante Abbruch sämtlicher Zwischenwände in allen Stockwerken etwa mit Schlagbohrmaschinen verursache erhebliche Belästigungen und massive Erschütterungen, die die Kanzlei in ihrem mietvertraglichen Besitzrecht beeinträchtige und nicht dulden müsse.
OLG: Geistige Tätigkeiten müssen ungestört durchgeführt werden können
Der vertragliche Nutzungszweck der Räume liege in dem Betrieb eines Rechtsanwalts- und Notariatsbüros, erklärte der Senat. Die hiermit zusammenhängenden geistig-gedanklichen Tätigkeiten müssten grundsätzlich ungestört durchgeführt werden können. Störungen durch Lärm, Erschütterungen, Staub, Verschmutzungen oder sonstige Immissionen müsse die Bank deswegen unterlassen.
Bei den umfänglichen Sanierungsarbeiten handle es sich auch nicht um gewöhnliche Renovierungs- und Umbauarbeiten, die ein Mieter etwa bei einem Mieterwechsel hinzunehmen habe, entschieden die Frankfurter Richter.
Die Kanzlei muss die Sanierungsarbeiten nach der OLG-Entscheidung auch nicht etwa zweitweise außerhalb der üblichen Bürozeiten, zu Nachtzeiten oder am Wochenende dulden, weil sie das Mietobjekt nach dem Vertrag ohne jede zeitliche Einschränkung nutzen dürfe, so das OLG. Denn es sei gerichtsbekannt, dass Rechtsanwälte sowie auch Notare nicht nur während üblicher Geschäftszeiten, sondern regelmäßig auch in den späten Abendstunden sowie an Samstagen und mitunter auch an Sonn- und Feiertagen in den Büroräumen arbeiteten oder Besprechungen durchführten.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
OLG Frankfurt a. M. stoppt Kernsanierung: . In: Legal Tribune Online, 25.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34569 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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