Das Sommermärchen kommt auch in Deutschland doch noch vor Gericht: Drei Wochen nach der Anklageerhebung in der Schweiz müssen sich drei ehemalige DFB-Funktionäre und ein früherer FIFA-Top-Mann nun doch auch in Frankfurt verantworten.
Die ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger müssen sich wegen der Sommermärchen-Affäre nun doch auch in Deutschland vor einem Gericht verantworten. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main ließ die Anklage wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 zu. Es bestehe bei insgesamt vier Angeklagten ein hinreichender Tatverdacht, gab das OLG am Montag bekannt. Auch der frühere DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt und der ehemalige FIFA-Generalsekretär Urs Linsi gehören dazu (Beschl. v. 16.08.2019, Az. 1 Ws 22/19).
Die Staatsanwaltschaft wirft den vier ehemaligen Sportfunktionären Hinterziehung bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer sowie des Solidaritätszuschlags für das Jahr 2006 vor. Die Männer sollen in den Steuererklärungen die Rückzahlung eines Privatdarlehens an Franz Beckenbauer in Höhe von 6,7 Millionen Euro im Jahr 2005 zu Unrecht als Betriebsausgabe angegeben und damit ertrags- und steuermindernd verrechnet haben. So sei zu Unrecht angegeben worden, dass es sich bei dieser Zahlung des Organisationskomitees der WM 2006 an die FIFA um eine Beteiligung des DFB an den Kosten einer FIFA-Gala für das Jahr 2006 gehandelt habe.
LG hatte die Eröffnung eines Hauptverfahrens noch abgelehnt
Das OLG war mit seiner Entscheidung anderer Auffassung als das Landesgericht (LG) Frankfurt am Main, das im Oktober 2018 die Eröffnung eines Hauptverfahrens noch abgelehnt hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt. "Weder die Tatsache noch der Inhalt des Beschlusses ändern etwas an der von hier aus vertretenen Rechtsauffassung, wonach die Vorwürfe gegen meinen Mandanten unbegründet sind", hieß es damals in einer Mitteilung des Rechtsanwalts von Zwanziger.
Das OLG bewertete die Sachlage nun anders: "Nach vorläufiger Bewertung liegt ein hinreichender Tatverdacht dafür vor, dass die vier Angeklagten im Zusammenhang mit der als Betriebsausgabe 'Kostenbeteiligung FIFA'Gala 2006' bezeichneten Rückzahlung eines Darlehens an den Fußballer Franz Beckenbauer in Höhe von 6,7 Millionen Euro im Jahr 2006 eine Steuerhinterziehung bzw. Beihilfe zur Steuerhinterziehung begangen haben", heißt es in der aktuellen Pressemitteilung des OLG.
Das Gericht betonte dabei, die Eröffnungsentscheidung solle nur erkennbar aussichtlose Fälle ausfiltern, der Hauptverhandlung ansonsten aber nicht vorgreifen. Demnach sahen die Frankfurter Richter einen hinreichenden Tatverdacht dafür gegeben, dass die Betriebsausgabe nicht die Kosten der FIFA-Gala decken sollte. Es sprächen vielmehr eine Vielzahl von Anhaltspunkten gegen einen Zusammenhang zwischen der Zahlung der 6,7 Millionen Euro und der FIFA-Gala, heißt es weiter in der Mitteilung.
Auch die Schweizer Bundesanwaltschaft hat Anklage erhoben
"Es erstaunt uns schon, dass im Beschluss des Oberlandesgerichts in weiten Teilen die Ausführungen der Staatsanwaltschaft/Generalstaatsanwaltschaft wörtlich abgedruckt werden, unsere dazu ausführlich übermittelte Stellungnahme indes völlig weggelassen wird und eine inhaltliche Auseinandersetzung damit noch nicht einmal im Ansatz erkennbar ist", reagierte Zwanzigers Anwalt auf den OLG-Beschluss.
Anfang des Monats waren Zwanziger, Schmidt und Linsi von der Schweizer Bundesanwaltschaft wegen dubioser Millionenzahlungen rund um die Fußball-WM 2006 wegen des Verdachts des Betrugs in Mittäterschaft und Niersbach wegen des Verdachts des Betrugs in Gehilfenschaft angeklagt worden. Niersbach und Zwanziger hatten sich bereits mit verbalen Attacken gegen das Vorgehen der Schweizer Behörden gewehrt. Zwanziger hat eine Strafanzeige gegen die dortige Bundesanwaltschaft gestellt. "Ich habe Aufklärung gewollt. Und der, der Aufklärung wollte, soll jetzt verurteilt werden? Deshalb sehe ich dem Verfahren sehr entspannt entgegen", sagte Zwanziger dem Onlineportal Sportbuzzer.
Beckenbauer gehört beim Verfahren in Frankfurt nicht dazu. In der Schweiz zwar schon, doch dort wurde sein Verfahren von dem gegen die übrigen Männer wegen seines Gesundheitszustands abgetrennt.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
OLG Frankfurt zur WM-Affäre: . In: Legal Tribune Online, 26.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37247 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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