Porsche hatte 2008 angekündigt, die Beteiligung an VW deutlich auszubauen, diesen Plan aber letztendlich abgeblasen. Vielen Anlegern ging dabei viel Geld verloren. Diese Schäden bekommen sie aber nicht ersetzt, so das OLG Celle.
Die Porsche SE handelte bei der Information des Kapitalmarkts über die beabsichtigte Übernahme von Volkswagen (VW) im Jahr 2008 nicht verwerflich. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle gibt damit Porsche und VW im entsprechenden Kapitalanleger-Musterverfahren Recht (Urt. v. 30.09.2022, Az.13 Kap 1/16).
Konkret entscheiden muss zwar noch das Landgericht (LG) Hannover, doch das Ergebnis des OLG ist für die dort ausgesetzten Verfahren bindend, wie ein OLG-Sprecher sagte. Im Kern geht es bei Kapitalanleger-Musterverfahren darum, zentrale Rechtsfragen sämtlicher Fälle vorab von der nächsthöheren Instanz verbindlich entscheiden zu lassen - und zwar noch bevor ein Urteil der niedrigeren Instanz vorliegt. Dafür wird aus den ähnlich gelagerten Klagen ein Fall als Exempel herausgegriffen, die übrigen anhängigen Klagen werden ausgesetzt.
Hintergrund des nun am OLG gelaufenen Verfahrens ist, dass die Porsche SE ab dem Jahr 2005 ihre Beteiligung an der Volkswagen AG ausbauen wollte und versucht hat, diese zu übernehmen. Nachdem Porsche dann am 26. Oktober 2008 ihre Absicht mitgeteilt hatte, die Beteiligung bei stimmigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Jahre 2009 auf über 75 Prozent zu erhöhen, stieg der Kurs der VW-Stammaktie zeitweilig auf das Fünffache seines vorherigen Wertes. Am Ende hielt die Porsche SE mit 52,2 Prozent zwar die Mehrheit an VW. Der Versuch, 75 Prozent an VW zu übernehmen, wurde aber abgeblasen und die Sportwagenmarke Porsche ging an VW. Durch Kursturbulenzen verloren Anleger:innen nach eigenen Angaben Geld in Milliardenhöhe.
Porsche hätte nicht genauer aufklären müssen
Vor dem Landgericht (LG) Hannover haben sie deshalb auf Ersatz dieses Schadens geklagt. Das LG setzte das Verfahren jedoch aus und legte dem OLG Celle einige Vorfragen zur Entscheidung vor, damit lief das nun entschiedene Kapitalanleger-Musterverfahren an.
Die Anleger:innen stützten ihre Ansprüche zum einen darauf, dass Porsche und Volkswagen den Kapitalmarkt spätestens ab März 2008 genauer über die Übernahmeabsicht und denAbschluss von Aktienoptionen zur Absicherung und Finanzierung der beabsichtigten Übernahme hätten aufklären müssen. Die Voraussetzungen dafür liegen nach Ansicht des Senats aber nicht vor.
Soweit Porsche die Absicht dementiert hatte, insgesamt mehr als 75 Prozent der Aktien erwerben und einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag schließen zu wollen, hatte es dies damit erklärt, dass dem die "Realitäten in der Aktionärsstruktur" entgegenstünden. Tatsächlich hätte ein Erwerb von 75 Prozent der Aktien aufgrund von Besonderheiten des sog. VW-Gesetzes den Abschluss eines Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrages nicht ermöglicht. Auch war die Finanzierung eines derart weitgehenden Anteilserwerbs noch nicht gesichert. Vor diesem Hintergrund war es nach Ansicht des Senats zumindest nicht grob unrichtig und damit nicht verwerflich, dass Porsche mögliche weitergehenden Ziele nicht veröffentlicht hatte.
Außerdem habe Porsche seine Beteiligung an WV im Einklang mit den gesetzlichen Meldepflichten veröffentlicht. Die von Porsche abgeschlossenen Aktienoptionen, die weitere Aktienkäufe absichern und finanzieren sollten, hätten nach damaliger Rechtslage auch nicht offengelegt werden müssen.
VW haftet auch nicht
Des Weiteren stützten die Anleger:innen ihre Ersatzansprüche darauf, dass Porsche schließlich am 26. Oktober 2008 seine Übernahme- und Beherrschungsabsicht mitgeteilt hatte. Sie sind der Ansicht, dass Porsche zu diesem Zeitpunkt aber keine Möglichkeit mehr gesehen hätte, diese Absichten umzusetzen. Die Mitteilung habe allein dem Zweck gedient, den Kurs der VW-Aktie explodieren zu lassen, weil ansonsten die Insolvenz gedroht hätte.
Auch hierbei habe Porsche aber nicht unrichtig und nicht verwerflich gehandelt, so das OLG. Die in der Porsche-Mitteilung dargestellten Umstände hätten zugetroffen. Auch sonst habe Porsche nicht annehmen müssen, dass die beabsichtigte Übernahme nach damaligem Stand gescheitert gewesen sei. Porsche habe die Mitteilung ausdrücklich unter den Vorbehalt passender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen gestellt.
Das OLG ist weiterhin der Ansicht, dass VW ebenfalls nicht haftet. Der Vorstand habe keine Kenntnis von den Übernahmeplänen gehabt und sämtliche Aufsichtsratsmitglieder, die diese Kenntnis aus ihrer Tätigkeit bei Porsche hatten, zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen wären.
Der Musterentscheid kann noch mit Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) angegriffen werden.
pdi/LTO-Redaktion
Mit Material der dpa
OLG Celle zu beabsichtigter VW-Übernahme: . In: Legal Tribune Online, 30.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49778 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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