Beate Zschäpe will umfassend aussagen und auch Fragen des Gerichts beantworten. Ihre Anwälte Sturm, Heer & Stahl fordern daraufhin zum wiederholten Mal ihre Entpflichtung. Nun fällt der für Mittwoch angesetzte Termin aus.
Der mit Spannung erwartete Mittwochs-Termin im NSU-Prozess, für welchen Beate Zschäpe angekündigt hatte, mit ihrem Schweigen zu brechen, findet nicht statt. Richter Manfred Götzl unterbrach am Dienstag Nachmittag den Prozess bis zum 17. November. Wann die Angeklagte Gelegenheit für die angekündigte Stellungnahme erhalten wird, blieb zunächst offen.
Der Entscheidung waren zwei Anträge vorangegangen. Zunächst hatten Zschäpes Alt-Verteidiger beantragt, von ihren Pflichtmandaten entbunden zu werden. Dann stellten die Anwälte des Mitangeklagten Ralf Wohlleben einen Befangenheitsantrag gegen den gesamten Senat.
Die drei Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm wagen einen neuen Versuch, von ihrem Mandat entbunden zu werden. Im Juli dieses Jahres war ihnen dies nicht gelungen. Hintergrund ist die Ankündigung vom Vortag, dass Beate Zschäpe an diesem Mittwoch erstmals aussagen will.
Von geplanter Aussage "aus den Medien" erfahren
Die Pflichtverteidiger hatten ihr stets zum Schweigen geraten, was bereits in der Vergangenheit zu heftigen Spannungen zwischen ihnen und ihrer Mandantin führte. Ihren Entpflichtungsantrag begründeten sie am Dienstag damit, dass eine Verteidigung "im Sinne der Interessen unserer Mandantin" künftig nicht mehr möglich sei. "Unsere Verteidigerbestellungen sind nur noch Fassade und dienen erkennbar nur der Aufrechterhaltung des Scheins einer ordnungsgemäßen Verteidigung", sagte Heer. Die drei Verteidiger erklärten zudem, dass sie befürchten müssten, dass "jegliche prozessualen Aktivitäten (...) einem uns möglicherweise nicht bekannten Verteidigungskonzept zuwiderliefen". Die Verteidigung Zschäpes habe sich "nunmehr faktisch auf nur einen Verteidiger verlagert".
Die drei Anwälte hatten nach eigenen Angaben erst am Montag aus den Medien erfahren, dass Zschäpes vierter Anwalt Mathias Grasel an diesem Mittwoch eine Erklärung Zschäpes hätte verlesen sollen. Grasel kündigte am Dienstag sogar an, dass man auch auf Nachfragen eingehen werde. Man werde aber nur auf Fragen des Senats antworten, nicht auf solche der Opfer-Anwälte. Wer auf die Nachfragen antworten wird - die Hauptangeklagte persönlich oder er -, ließ Grasel zunächst offen.
Grasel bestimmt die Verteidigungsstrategie
Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl hatte die Verhandlung nach dem Antrag der drei Verteidiger für rund eine Stunde unterbrochen, um den anderen Prozessbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dem Antrag war ein Wortgefecht vor allem zwischen Heer und Götzl vorangegangen.
Bisher - seit dem Auffliegen des NSU vor fast genau vier Jahren - hatte Zschäpe in den inzwischen fast 250 Verhandlungstagen beharrlich geschwiegen. Nachdem ihr das Gericht im Juli Grasel als vierten Verteidiger an die Seite gestellt hatte, rückte eine Aussage dann immer näher: Götzl berichtete am Dienstag, ihm sei bereits am 31. August von Grasels Kanzleikollegen Hermann Borchert mitgeteilt worden, Zschäpe habe "angedacht, sich schriftlich zu äußern". Bis es soweit sei, werde es aber noch einige Zeit dauern.
Dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) werden unter anderem neun Morde an Migranten und die Ermordung einer Polizistin vorgeworfen. Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, steht seit Mai 2013 in München vor Gericht - zusammen mit vier Mitangeklagten. Die Anklage wirft der 40-Jährigen Mittäterschaft an allen Taten der Rechtsextremen vor.
dpa/una/LTO-Redaktion
NSU Prozess für eine Woche ausgesetzt: . In: Legal Tribune Online, 10.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17501 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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