Eine psychisch erkrankte Frau hat keinen Anspruch auf Opferentschädigung, wenn ihre Erkrankung nicht unmittelbar mit dem Mord an ihrer Tochter zusammenhängt, sondern auf den veränderten Lebensumständen in der Folgezeit beruht. Dies entschied das LSG mit am Dienstag bekannt gewordenem Urteil.
Für die Feststellung von Schädigungsfolgen gemäß § 1 Opferentschädigungsgesetzes (OEG) sei erforderlich, dass das Opfer an Gesundheitsstörungen leidet, die rechtlich wesentlich durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen, tätlichen Angriff verursacht worden sind, so das Landessozialgericht (LSG). Dies setze eine unmittelbare, in einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehende Schädigung des Opfers voraus.
Die klagende Mutter sei aber nicht in diesem Sinne unmittelbar von den Einwirkungen auf ihre ermordete Tochter betroffen gewesen. Die wesentliche Verschlimmerung ihrer Depression nach deren Tod beruhe nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nicht auf einem Schockschaden, sei also nicht durch die Todesnachricht hervorgerufen worden, so die Sozialrichter (Urt. v. 28.06.2012, Az. L 10 VE 56/10).
Die Tochter der Frau war im Jahre 2006 von ihrem Freund, mit dem sie zusammen wohnte, ermordet worden. Die heute 57-jährige Mutter hatte bereits vor der Tat unter einer leichten depressiven Verstimmung und einer Somatisierungsstörung gelitten. Bei Erhalt der Todesnachricht der Tochter musste sie zunächst notärztlich und später am Tag durch ihren Hausarzt versorgt werden.
Als Nebenklägerin in dem Strafverfahren erfuhr sie nach und nach die Einzelheiten der Tötung der Tochter. Ihre Erkrankung verschlimmerte sich wesentlich, so dass sich eine chronische depressive Verstimmung abzeichnete.
tko/LTO-Redaktion
LSG Niedersachsen-Bremen zum Schockschaden: . In: Legal Tribune Online, 07.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6790 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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