Streit um Musterfeststellungsklage: Maas kon­tert Merkel-Kritik

28.08.2017

Die Musterfeststellungsklage sollte die Durchsetzung von Verbraucherrechten gegenüber großen Unternehmen erleichtern, doch der Entwurf liegt auf Eis. Justizminister Maas weist die Schuld dafür von sich und schiebt sie der Kanzlerin zu.

Bundesjustizminister Heiko Maas hat den Vorwurf von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gekontert, er habe bei den Gesetzesplänen für schärfere Verbraucherrechte geschludert. "Frau Merkel und Herr Seehofer haben mit ihrer Blockade zu verantworten, dass die Musterfeststellungsklage auch den Autokäufern noch nicht zur Verfügung steht", sagte der SPD-Politiker am Montag. Hätte sich die Union nicht verweigert, könnte das Instrument längst im Gesetzesblatt stehen.

Rückendeckung bekam Maas von den Grünen. Die Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, Renate Künast, warf CDU und CSU vor, seit Bekanntwerden des Dieselskandals entsprechende Initiativen immer wieder blockiert zu haben. "Kurz vor der Wahl behauptet Kanzlerin Merkel ohne rot zu werden, sie habe nichts gegen die Einführung kollektiver Klagerechte", sagte Künast. Ob Merkel das ernst meine, könne und müsse sie in der Plenarsitzung am 5. September beweisen.

Maas hatte Ende 2016 einen Gesetzentwurf für eine sogenannte Musterfeststellungsklage vorgelegt. Sie soll Klagerechte von Verbrauchern gegenüber Unternehmen - etwa geschädigter Diesel-Fahrer gegen den VW-Konzern - stärken.

Merkel erwartet Nachbesserungen

Dabei geht es auch um die Möglichkeit, dass etwa Verbraucherverbände stellvertretend für viele Kunden Schadenersatzansprüche geltend machen können. Maas' Entwurf liegt seit Dezember auf Eis. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte am Sonntagabend, schuld sei das Kanzleramt, das blockiere.

CDU-Chefin Merkel entgegnete im ZDF, sie sei ebenfalls für Möglichkeiten einer "Sammelklage". "Aber die Vorlagen, die der Justizminister gemacht hatte, gehen so noch nicht. Wir hatten da sehr klar gesagt, an welchen Stellen wir Nachbesserungen erwarten", sagte sie. Es gebe bereits solche Klagemöglichkeiten in der Finanzwelt. "Und das kann man adäquat auf die Fragen auch der Kunden von Autos überführen. Aber der Justizminister hat hier einen anderen Ansatz gewählt, jedenfalls in einigen Teilen", sagte Merkel. Dieser Debatte müsse sich die SPD stellen.

Nach Darstellung von Künast haben Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Landwirtschaftsminister Christian Schmidt, Verkehrsminister Dobrindt (beide CSU) sowie das Kanzleramt verhindert, dass Maas einen entsprechenden Gesetzentwurf für eine Musterfeststellungsklage an Bundesländer und Verbände schicken konnte.

Künast: "Durchschaubares und unseriöses Wahlmanöver"

Zudem habe die Unionsfraktion im Oktober 2016 in einem verbraucherpolitischen Beschluss festgehalten, dass für neue Instrumente kollektiver Rechtsdurchsetzung keinen Bedarf gesehen werde. Künast sprach von einem durchschaubaren und unseriösen Wahlmanöver.

Schon im Oktober 2016 hatte das Bundesverkehrsministerium den Vorwurf zurückgewiesen, den Verbraucherschutz zu blockieren. Hintergrund waren Berichte, wonach die Pläne nicht mehr vor der Bundestagswahl Ende September 2017 zustande kämen und die Regierung trotz gegenteiliger Versprechen auf bedeutsame Verbesserungen beim Verbraucherschutz verzichte.

Nicht zu verwechseln ist die Musterfeststellungsklage mit einer Sammelklage. Dieses in den USA übliche Modell, bei dem mitunter hohe Schadenersatzsummen erstritten werden, erlaubt es einer Vielzahl von Klägern, gemeinsam zu klagen. Dadurch unterscheidet es sich von der Musterfeststellungsklage, bei der alle Kläger nach Abschluss des Musterverfahrens jeweils einzeln ihre Klagen auf Schadensersatz führen müssen.

dpa/mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Streit um Musterfeststellungsklage: . In: Legal Tribune Online, 28.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24169 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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