Ein DNA-Treffer am Fundort der 2001 verschwundenen Schülerin Peggy wirft viele Fragen auf. Gab es zwischen dem NSU und dem Fall Peggy eine Verbindung und wirkt sich das auf den Prozess aus? Und was bedeutet das für andere ungeklärte Fälle?
Nach der Entdeckung von DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt am Fundort der getöteten Schülerin Peggy sollen ungeklärte Straftaten neu aufgerollt werden. Dazu zählt auch ein ungeklärter Kindsmord aus den neunziger Jahren. Böhnhardt war damals von einem selbst in Verdacht geratenen Schulfreund des Mordes an dem Kind bezichtigt worden. Dieser Verdacht bestätigte sich nach den Ermittlungen nicht.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow stellte am Freitag dennoch klar, dass ab jetzt noch einmal alles viel, viel gründlicher betrachtet werden müsse, so etwader Fall des wie Peggy medial bekannt geworden Bernds. Der Neunjährige war im Juli 1993 zunächst verschwunden. Zwölf Tage später war seine Leiche tot am Ufer der Saale in einem Gebüsch gefunden worden.
Hintergrund: der Fall Peggy
Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass am Fundort der Skelettteile der 2001 verschollenen Peggy Genmaterial von Böhnhardt entdeckt worden war, welches sich sich an einem Gegenstand befunden habe. Einzelheiten zu dem Spurenträger teilten die Ermittler am Freitag nicht mit. Er sei im Juli in direktem Zusammenhang mit der Entdeckung der Skeletteile aufgefunden worden, berichtete der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel in Bayreuth. Der DNA-Treffer sei erst im Laufe dieser Woche bekannt geworden, teilte Polizeisprecher Jürgen Stadter mit. Die Beamten rechnen nun mit langwierigen Ermittlungen zu dem Fall.
Am 2. Juli war ein Pilzsammler in einem Waldstück im Saale-Orla-Kreis in Thüringen auf Teile von Peggys Skelett gestoßen - nur rund 15 Kilometer vom Heimatort des Mädchens entfernt. Nach dem Fund der Skelettteile hatten Ermittler das Gebiet wiederholt durchkämmt, erst Ende September war das Waldstück erneut durchsucht worden. Die Neunjährige war zehn Jahre zuvor auf dem Heimweg von der Schule verschwunden.
Zwei Jahre nach dem Verschwinden von Peggy wurde der geistig behinderte Ulvi K. vom Landgericht (LG) Hof wegen Mordes an dem Mädchen verurteilt. Das Urteil wurde aber später von LG Bayreuth aufgrund eines offenbar erfundenen Geständnisses wieder aufgehoben.
Keine unmittelbaren Auswirkungen auf den NSU-Prozess erwartet
Der Rechtsextremist Böhnhardt gehörte dem NSU an. Mit seinem mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos soll er jahrelang unerkannt gemordet haben, Opfer waren hauptsächlich Menschen mit ausländischen Wurzeln. Mundlos und Böhnhardt töteten sich den Ermittlern zufolge im Herbst 2011 nach einem Banküberfall, um einer drohenden Festnahme zu entgehen. Die mutmaßliche Mittäterin Beate Zschäpe stellte sich der Polizei. Seit fast dreieinhalb Jahren muss sie sich vor dem Münchner Oberlandesgericht verantworten.
Der Prozess wird erst einmal wie geplant fortgesetzt. Es gebe keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Verfahren, sagte Andrea Titz, Sprecherin des Oberlandesgerichts in München. Sie verwies aber darauf, dass Nebenklage-Anwälte bereits Beweisanträge angekündigt hätten. Diese werde das Gericht dann prüfen und darüber entscheiden müssen. Der nächste Verhandlungstag ist nach derzeitigem Stand der 25. Oktober - kommende Woche ist erst einmal Prozesspause.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
DNA-Fund im Fall Peggy: . In: Legal Tribune Online, 14.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20871 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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