Entgegen erster Meldungen haben die Anwälte ihr Mandat am Mittwoch nicht auf Wunsch des Angeklagten niedergelegt. Mollath versicherte, Vertrauen in seine Anwälte zu haben. Diese sitzen auch weiterhin an Mollaths Seite. Als Pflichtverteidiger.
Der Paukenschlag im Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath kam am Mittwoch direkt nach der Mittagspause: Die beiden Wahlverteidiger Gerhard Strate und Johannes Rauwald legten völlig überraschend ihr Mandat nieder. "Herr Mollath kann offensichtlich nicht mehr Freund und Feind unterscheiden", sagte Strate. Angeblich fehle dem Angeklagten das Vertrauen.
Dabei hatte Strate vor wenigen Tagen noch versichert, er habe ein gutes Verhältnis zu Mollath und Verständnis für dessen Misstrauen: "Er ist von so vielen Anwälten verschaukelt worden, die ihren Job nicht gut genug gemacht haben." Hinter den Kulissen muss es jedoch mächtig rumort haben. Beide müssen nun weiter nebeneinander Platz nehmen, weil das Landgericht (LG) Regensburg die Rechtsanwälte zu Pflichtverteidigern ernannte. Dagegen können sie sich kaum wehren. Dies würde jedenfalls eine hinreichende Begründung erfordern. Ein mangelndes Vertrauen von Seiten Mollaths kann jedenfalls kaum angenommen werden.
Mollath will lieber über Verschwörungen sprechen
Denn Gustl Mollath zeigte sich entsetzt über das Handeln seiner Verteidiger. Der 57-Jährige versicherte, Vertrauen in Strate und Rauwald gehabt zu haben. Wenn es nach den jüngsten Entwicklungen auch ein wenig gelitten haben könnte.
Zum Zerwürfnis mit seinen Verteidigern hat wohl Mollaths ungestillter Drang geführt, die Ursprünge des Streits mit seiner Ehefrau in den Gerichtssaal zu bringen. Wie bereits in den vorherigen Verfahren geht es ihm nicht um die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Mollath will die angebliche Verschwörung seiner Ex-Frau mit ihrem Arbeitgeber und Kreisen der Justiz erörtern. Dass dafür in diesem Verfahren wenig Platz ist, wie ihm sowohl seine Anwälte als auch das Gericht und die Staatsanwaltschaft versichern, ist ihm egal.
Eiszeit auf der Anklagebank
"Gustl Mollath hat bis zu 30 Beweisanträge stellen wollen, die wir aber nicht eingebracht haben", erläutert Strate. Die Haltung Mollaths wurde bereits in den vorherigen Verfahren und auch bei den zahlreichen Versuchen einer psychiatrischen Begutachtung zum Problem. Statt sich zur Sache zu äußern, verliert er sich in Verschwörungstheorien. Mehrere Psychiater hatten ihm Wahnvorstellungen attestiert und ihn als gefährlich eingestuft.
Dabei waren Mollath und seine Anwälte in dem Wiederaufnahmeverfahren bisher eher in der Erfolgsspur. Die Verteidiger schafften es, erhebliche Zweifel an der Expertise der Gutachter zu streuen. Viele hatten nicht persönlich mit dem Nürnberger gesprochen. Zudem sind Mollath laut rechtsmedizinischem und technischem Gutachten weder die angeklagten Misshandlungen an der Ex-Frau noch die Reifenstechereien nachweisbar.
Statt Jubelstimmung herrscht nun aber eher Eiszeit auf der Anklagebank. Die Anwälte, die nach Angaben Strates kostenlos für Mollath arbeiten, sitzen direkt neben einem Mandanten, den sie eigentlich nicht mehr vertreten wollen. Wie sich das auf den Ausgang des Verfahrens auswirkt, bleibt abzuwarten. In der Verteidigungsstrategie übernimmt zumindest am Mittwoch nach dem Paukenschlag Mollath selbst das Kommando. Während seine Verteidiger dem letzten Zeugen des Tages nur eine Frage stellen, hat Mollath einen ganzen Fragenkatalog, den er abarbeitet.
dpa/una/LTO-Redaktion
Von Wahl- zu Pflichtverteidiger: . In: Legal Tribune Online, 24.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12664 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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