Die Novelle des Staatsangehörigkeitsrechts passiert den Bundestag. Das Gesetz soll die Einbürgerung erleichtern, die doppelte Staatsbürgerschaft soll kommen. Gegner sprechen von "Entwertung" und "Verramschung" der Staatsbürgerschaft.
Nach einer etwa 45-minütigen Debatte im Plenum beschloss der Bundestag am Freitag den Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts im Bundestag. Menschen sollen in Deutschland künftig schneller eingebürgert werden und dabei auch ihren ausländischen Pass behalten. Die gespaltenen Meinungen über die Novelle wurden auch im Abstimmungsergebnis deutlich: Unter den 639 abgegebenen Stimmen waren 382 Ja-Stimmen und 234 Nein-Stimmen, bei 23 Enthaltungen.
Bei der Abstimmung in zweiter Lesung hatten zuvor die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP für die Neuerungen gestimmt und CDU/CSU und AfD dagegen. Die CDU/CSU Fraktion hatte zudem einem eigenen Antrag mit dem Namen "Den Wert der deutschen Staatsangehörigkeit bewahren" gestellt, der ebenfalls am Freitag abgestimmt – und abgelehnt – wurde. Darin foderten sie den Verzicht auf die Novelle.
Der ursprüngliche Entwurf für das Einbürgerungsgesetz kam von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und wurde im vergangenen August vom Kabinett beschlossen. Damit werden Einbürgerungen schon nach fünf statt wie bisher acht Jahren möglich, bei "besonderen Integrationsleistungen" sogar nach drei Jahren – das können besonders gute Leistungen in Schule oder Beruf oder bürgerschaftliches Engagement sein.
Gesetzesnovelle bringt nicht nur Erleichterungen
Kinder ausländischer Eltern bekommen künftig mit der Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft, wenn ein Elternteil hierzulande seit fünf Jahren rechtmäßig wohnt – bisher war das erst nach acht Jahren der Fall. Zudem können Menschen, die Deutsche werden, ihre bisherige Staatsbürgerschaft in Zukunft behalten. Das ist bisher nur für EU-Bürgerinnen und -Bürger möglich.
Es gibt aber auch Verschärfungen. So werden Ausnahmen von der Pflicht, für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen, auf bestimmte Fälle begrenzt. Der Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft bleibt auch weiterhin an Bedingungen zur wirtschaftlichen und demokratischen Integration geknüpft. Das bislang geltende Einbürgerungserfordernis der "Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse" wird aufgegeben und durch konkrete Ausschlussgründe für die Einbürgerung ersetzt.
Wer in Deutschland eingebürgert werden will, muss sich weiterhin zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen.
Künftig kommt das Bekenntnis "zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, sowie zum friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges" hinzu. Die Behörden sollen sicherstellen, dass diese Bekenntnisse ernst gemeint sind. Falls sich später Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dies nicht der Fall war, kann die Staatsbürgerschaft binnen zehn Jahren auch wieder zurückgenommen werden. Ausdrücklich ausgeschlossen wird der deutsche Pass daher für Menschen, die aus antisemitischen oder rassistischen Motiven Straftaten begangen haben.
CDU sieht "Entwertung", AfD eine "Verramschung" der Staatsbürgerschaft
Der innenpolitische Sprecher der Union, Alexander Throm, hatte den Gesetzesentwurf schon vor der Abstimmung im Deutschlandfunk scharf kritisiert: "Die Regierung macht sich daran, die deutsche Staatsangehörigkeit zu verramschen. Es ist in der Tat ein Staatsangehörigkeitsentwertungsgesetz." In der Plenarsitzung nannte er das Gesetz "aus der Zeit gefallen", das keinesfalls modern sei. Durch die geplante generelle Zulassung der Mehrstaatigkeit würden Konflikte des Auslands durch das Wahlrecht nach Deutschland getragen werden.
Auch aus den Reihen der AfD hagelt es harsche Kritik an dem Vorhaben. Dr. Christian Wirth (AfD) bezeichnete die Verleihung der Staatsbürgerschaft als "Auszeichnung" für Personen, die zum Gedeihen des Gemeinwesens beigetragen haben. Durch die von der Ampel gefordete "Turboeinbürgerung" solle die "stolze deutsche Staatsbürgerschaft verramscht werden".
Hakan Demir, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für das Staatsangehörigkeitsgesetz, meinte dagegen: "Es gibt keine Deutschen zweiter Klasse." Mit dem neuen Einbürgerungsgesetz löse die Ampel das alte Versprechen ein, künftig dazuzugehören und mitzubestimmen. Die Vertreter der Ampel-Koalition begrüßten die Novelle nachdrücklich. Schahina Gambir (Bündnis 90/Grüne) betonte, die Novelle sei "ein Zeichen der Anerkennung für Menschen die seit Jahren zu Deutschland gehören." Auch Gülistan Yüksel (SPD) findet: "Zwei Staatsangehörigkeiten sind kein Loyalitätskonflikt. Zwei Identitäten sind die Lebensrealität von vielen Menschen."
lmb/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
Schnellere Einbürgerung und doppelte Staatsbürgerschaft: . In: Legal Tribune Online, 19.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53677 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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