Drei Mal am Tag müsse er eine öffentliche Toilette aufsuchen, rechnet ein Rentner dem LSG NRW vergebens vor. Auch wenn die Stadt Essen solche nicht kostenlos anbiete, müsse sie ihm keine 180 Euro neben der Grundsicherung dafür zahlen.
Nur weil die Stadt Essen keine kostenlosen öffentlichen Toiletten anbietet und sich ein Sozialhilfeempfänger längere Zeit außerhalb der eigenen Wohnung aufhält, erhöht dies nicht den Anspruch auf Grundsicherung. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am Dienstag mitgeteilt (Urt. v. 31.01.2022, Az. L 20 SO 174/21).
Den Fall hat ein Rentner vor Gericht gebracht, der als Grundsicherung aufstockende Sozialleistungen bezieht. Zuvor hat er bei der Stadt Essen vergeblich einen zusätzlichen Bedarf für seine tägliche Toilettenbenutzung geltend gemacht. Der Rentner rechtfertigte dies damit, dass er drei Mal täglich außer Haus eine Toilette aufsuchen müsste und die Stadt kostenlose öffentliche Toiletten schon vor langer Zeit abgeschafft habe. Im Durchschnitt koste jeder Toilettenbesuch zwei Euro. Auf 30 Tage gerechnet käme so ein Bedarf von 180 Euro im Monat zusammen.
Seine Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg hatte aber genauso wenig Erfolg wie seine Berufung zum LSG, weil es für den geltend gemachten Anspruch an einer Rechtsgrundlage fehle. Der Senat sah weder einen ernährungsbedingten Mehrbedarf aus medizinischen Gründen nach § 30 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) XII, noch Raum für eine ausnahmsweise Regelfestsetzung aus § 27b Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB XII.
Nicht jeder Freizeitgestaltungswunsch muss bezahlt werden
Der Rentner sei nach seiner eigenen Schilderung altersentsprechend gesund und weise keine überdurchschnittliche Notwendigkeit von Toilettengängen auf, stellen die Richterinnen und Richter in ihrem Urteil fest.
Der geltend gemachte Aufwand liege jenseits des üblichen Verhaltens der Durchschnittsbevölkerung und sei daher eine Frage der Freizeitgestaltung. Im Regelsatz seien für die Bereiche Freizeit/Kultur, Gastronomie/Beherbergung sowie andere Waren/Dienstleistungen aber Anteile enthalten. Wie der Mann das Geld einsetze, liege in seiner Eigenverantwortung.
Hinzu kommt, dass bei Personen, die zum Lebensunterhalt im Alter Grundsicherungsleistungen benötigten, nicht jeder Freizeitgestaltungswunsch bezahlt werden müsse. Und es spiele für die Entscheidung schließlich keine Rolle wie die Situation vor Ort sei. Das sozialgerichtliche Verfahren sei insbesondere kein Vehikel zur Durchsetzung lokal-politischer Forderungen.
mgö/LTO-Redaktion
LSG NRW zur Grundsicherung: . In: Legal Tribune Online, 01.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47391 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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