Ein iPad ist Luxus: Job­center muss Tablet für Schü­lerin nicht bezahlen

02.11.2020

Schulen setzen immer häufiger auf neue Unterrichtskonzepte, die digitale Alternativen einschließen. Welche Schwierigkeiten bei der Einrichtung einer "iPad-Klasse" entstehen können, zeigt ein Beschluss des LSG Celle.

Jobcenter müssen Schülerinnen und Schülern kein iPad bezahlen, selbst wenn ihre Schulklasse den Unterricht auf diese Tablets umstellt. Das entschied das Landessozialgericht Niedersachsen Bremen (LSG) in einem am Montag veröffentlichten Beschluss (Beschl. v. 6.10.2020, Az. L 7 AS 66/19).

Eine Sechstklässlerin aus der Region Hannover und deren Familie, die von Hartz IV lebt, hatte beim Jobcenter 460 Euro für ein iPad beantragt. Mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres war durch die Schule die unterstützende Nutzung eines iPads vorgesehen, das von den Eltern zu finanzieren war. Das Jobcenter lehnte jedoch die Kostenübernahme ab, es war allenfalls bereit, ein Darlehen zu gewähren.

Dagegen zogen die Schülerin und ihre Eltern vor Gericht. Ohne das Gerät bekomme sie die Hausaufgaben nur in Papierform und sei damit in ihrer Klasse ausgegrenzt, argumentierte das Mädchen. Außerdem hätten die Eltern der Einführung der iPad-Klasse nur zugestimmt, weil sie glaubten, das Jobcenter werde für die Kosten des iPads aufkommen.

Ein iPad gehört nicht zum "soziokulturellen Existenzminimum" eines Schülers

Das LSG bestätigte nun jedoch die Entscheidung des Jobcenters. Kosten für digitale Geräte seien aus dem Regelbedarf zu bestreiten und nicht vom Jobcenter zu übernehmen. Es liege kein Mehrbedarf vor, weil ein iPad weder schulrechtlich vorgeschrieben, noch zum Erreichen des Schulabschlusses erforderlich sei. Gegenüber einkommensschwachen Familien knapp oberhalb von Hartz IV stelle ein iPad einen Luxus dar und keinen notwendigen Schulbedarf.

Weiterhin führte das Gericht aus, dass die Ausstattung mit Lehrmitteln dem Schulträger obliege. Bei der Einrichtung der iPad-Klasse hätten für Grundsicherungsempfänger kostenfreie Leihmöglichkeiten geschaffen werden müssen. Die Schule könne für die Unterrichtsdurchführung erforderlichen Bedarf nicht einfach auf die Jobcenter abwälzen. Dadurch, dass manche Schulen heute ein iPad oder Ähnliches verlangen würden, würde ein Tablet noch nicht zum "soziokulturellen Existenzminimum eines Schülers", entschied das LSG.

Außerdem befand das Gericht, dass die Schule durch die Bevorzugung eines Produkts der Firma Apple gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen habe. Dies stelle einen Rechtsbruch dar, der nicht durch den Einsatz öffentlicher Mittel unterstützt werden könne.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls ließ das Gericht eine Revision zu.

ast/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Ein iPad ist Luxus: . In: Legal Tribune Online, 02.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43280 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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