In bestimmten Berufen gibt es der Umstände wegen nur befristete Verträge, etwa bei Kameraleuten. Das dürfe Schwangeren in solchen Branchen aber nicht zum Nachteil bei der Elterngeldberechnung werden, so das LSG in Celle.
Kann eine Mutter wegen einer Schwangerschaft keine neue Beschäftigung bekommen, darf sie deshalb bei der Elterngeldberechnung nicht benachteiligt werden. Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) in Celle in einer am Montag veröffentlichten Entscheidung entschieden (Urt. v. 24.01.2022, Az. L 2 EG 4/20).
Eine Kameraassistentin verdiente sich – wie unter Kameraleuten üblich – ihren Lebensunterhalt durch Zeitverträge bei Filmproduktionen. Zwischen den einzelnen Engagements war sie jeweils arbeitslos. 2017 wurde sie schwanger und durfte daraufhin gar nicht mehr arbeiten. Sie bezog dann Arbeitslosengeld.
Nach der Geburt des Kindes berechnete der Landkreis Harburg, in dem die Kamerafrau mit ihrem Kind lebte, ihr Elterngeld. Dabei legte der Landkreis für die vergangenen fünf Monate vor der Geburt ein Arbeitseinkommen zugrunde, das bei null Euro lag. Für diese Zeit hatte sich die Schwangere arbeitslos gemeldet. Der Kreis verwies darauf, dass es diesen schwangerschaftsbedingten Einkommensausfall nicht ausklammern dürfe, dies sei nur bei Ausfällen wegen Krankheit möglich.
Dagegen wehrte sich die frisch gebackene Mutter. Sie habe wegen der körperlichen Belastung bei der Arbeit als Kamerafrau während der Schwangerschaft nicht arbeiten können. Denn dabei gebe es zum einen hohe Tragebelastungen beim Umbau von Kamera und Stativ und zum anderen auch Nachtarbeit und tägliche Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden. Es seien daher bei der Berechnung des Elterngeldes nur die Monate heranzuziehen, in denen sie habe arbeiten können.
Das LSG ist dieser Argumentation nun gefolgt und hat auf die vergangenen zwölf Arbeitsmonate statt die exakt zwölf Monate vor der Geburt des Kindes abgestellt, um das Elterngeld zu berechnen. Dazu hat es die gesetzlichen Berechnungsregeln für den Krankheitsfall analog angewandt, da eine planwidrige Regelungslücke bestehe. Die erweiterte Auslegung sei aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzauftrages werdender Mütter notwendig geworden, die einen Anspruch auf Schutz und Fürsorge durch die Gemeinschaft hätten. Den Fall von Kettenbeschäftigungen, bei denen für eine Schwangere eine neue Beschäftigung aufgrund des Arbeitsschutzes nicht möglich sei, habe der Gesetzgeber übersehen. Das "besondere gesundheitliche Risiko" Schwangerer dürfe ihnen bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zum Nachteil gereichen, argumentierte das Gericht.
ast/LTO-Redaktion
LSG Niedersachsen-Bremen: . In: Legal Tribune Online, 14.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47532 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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