LSG Celle: Kran­ken­kasse muss für Ober­arm­straf­fung zahlen

04.01.2021

Eine stark übergewichtige Frau wollte sich nach einer Schlauchmagen-Operation zusätzlich die Oberarme straffen lassen. Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme dafür ab, kam damit vorm LSG aber nicht durch.

Die Gesetzliche Krankenversicherung muss ausnahmsweise die Kosten für eine beidseitige Oberarmstraffung übernehmen, wenn eine entstellende Wirkung des Erscheinungsbildes vorliegt. Das entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle (LSG) in einem am Montag veröffentlichten Urteil (v. 17.11.2020, Az. L 16 KR 143/18).

Eine 58-Jährige aus Braunschweig war stark übergewichtig und hatte deshalb eine Schlauchmagen-Operation bekommen. Danach verlor sie ungefähr 50 Kilogramm Gewicht. Zusätzlich litt die Frau weiter an einer Fettverteilungsstörung mit massivem Hautüberschuss im Bereich der Oberarme.

Die Braunschweigerin wollte deshalb eine Straffungsoperation der Oberarme durchführen lassen und beantragte bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für den Eingriff. Die Kasse lehnte den Antrag jedoch ab, da es sich um eine lediglich kosmetische Operation handele.

LSG bewertet Fettverteilungsstörung als Entstellung

Gegen die Ablehnung ihres Antrages wandte sich die Frau an die Gerichte und bekam nun vor dem LSG Recht. Obwohl die beteiligten Gutachter den Zustand der Oberarme nicht als Krankheit im medizinischen Sinne bewerten konnten, hat das Gericht die Krankenkasse zur Kostentragung verurteilt. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Ausnahmetatbestand der Entstellung erfüllt sei.

Nachdem das LSG das Erscheinungsbild der Frau selbst in Augenschein genommen hatte, stellte es eine "massive Asymmetrie von Ober- und Unterarm" fest. Trüge die 58-Jährige normale Alltagskleidung, läge die Kleidung im Bereich der Oberarme sehr eng an, während sie sich im Bereich der Unterarme bewegte "wie eine Fahne im Wind". Außerdem würden die Ellenbogen der Braunschweigerin von einem "eiförmigen, voluminösen Gewebeüberhang" deutlich überdeckt. Diese körperlichen Auffälligkeiten seien derart ausgeprägt, dass sie schon "bei flüchtiger Bewegung in alltäglichen Situationen quasi im Vorbeigehen" bemerkbar seien und so dazu führten, dass sich das Interesse anderer auf die klagende Frau richte.

Dass die Entscheidung des LSG ein seltener Einzelfall ist, erläuterte Pressesprecher Carsten Kreschel: "Entstellungen werden von der Rechtsprechung extrem selten festgestellt. Grundsätzlich sind Normabweichungen nur ausnahmsweise zu korrigieren und vorrangig zu tolerieren, denn Kosmetik bleibt Eigenverantwortung."

ast/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG Celle: . In: Legal Tribune Online, 04.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43882 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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