Ein Taxifahrer, der niedergeschossen wurde, nachdem er lautstarke Personen am Taxistand zur Ruhe auffordert hatte, hat Anspruch auf Entschädigung durch die Unfallversicherung. Dies entschied das Hessische LSG.
Ein Taxifahrer war im Gespräch mit Kollegen, als sich zwei ihm unbekannte Männer schreiend dem Taxistand näherten. Der Taxifahrer ging von einem Streit aus und wollte schlichten. Er forderte die Männer mehrfach erfolglos auf, ruhig zu sein und zu verschwinden. Einer der Männer zog daraufhin eine Schusswaffe, bedrohte den Taxifahrer und schoss ihm schließlich in den Bauch. Dabei wurde der Fahrer schwer verletzt. Das Landgericht (LG) Darmstadt verurteilte den Täter in der Folge wegen versuchten Mordes zu acht Jahren Freiheitsstrafe.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall ab. Ein Unfall infolge einer Streitigkeit sei nur dann gesetzlich unfallversichert, wenn der Streit mit der betrieblichen Tätigkeit zusammenhänge. Der angestellte Taxifahrer habe hingegen nicht aus betrieblichen Gründen gehandelt, sondern die Bevölkerung vor einer Ruhestörung schützen wollen. Ferner habe er sich einer selbst geschaffenen Gefahr ausgesetzt, weil er nach der ersten Bedrohung mit der Schusswaffe den Streit nicht unverzüglich beendet habe.
Konflikt geschäftlich motiviert
Das Hessische Landessozialgericht (LSG) sah dies anders und gab – wie zuvor bereits das Sozialgericht (SG) Darmstadt – dem Taxifahrer Recht. Der Mann habe aus betriebsbezogenen Gründen gehandelt, es liege daher ein versicherter Arbeitsunfall vor (Urt. v. 29.05.2015, Az. L 9 U 41/13).
Zur Begründung führte der 9. Senat aus, dass der Taxifahrer durch sein Handeln in erster Linie einen störungsfreien Taxibetrieb habe sicherstellen wollen. Potentielle Kunden sollten nicht durch Lärm abgeschreckt werden, daher habe er die Männer zur Ruhe aufgefordert. Er habe den Täter und seinen Begleiter zudem als mögliche Kunden angesehen und sie im Hinblick auf eine störungsfreie Fahrt mäßigen wollen. Ein privates Überfallmotiv auf Seiten der Täter liege ebenfalls nicht vor. Der Taxifahrer habe sich auch nicht derart sorglos und unvernünftig verhalten, dass eine selbstgeschaffene Gefahr als allein wesentliche Ursache anzusehen sei.
mbr/LTO-Redaktion
LSG Hessen gibt Taxifahrer Recht: . In: Legal Tribune Online, 21.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16302 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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