Die USA kämpfen weiter für die Auslieferung von Julian Assange. Der Wikileaks-Gründer sitzt seit mehr als zwei Jahren in London in Haft. Seine Unterstützerinnen und Unterstützer hoffen auf eine Kehrtwende im Prozess.
Zum Auftakt des Berufungsverfahrens um eine mögliche Auslieferung von Julian Assange in die USA haben sich am Mittwoch etliche Demonstrierende vor dem Gericht in London versammelt. Mit Plakaten und Sprechchören forderten sie am Mittwoch die Freilassung des Wikileaks-Gründers, wie die Nachrichtenagentur PA meldete.
Assange erschien im Laufe der Anhörung überraschend per Videoschalte, um die Anhörung aus dem Gefängnis zu verfolgen, nachdem sein Anwalt ihn zuvor entschuldigt hatte. Die Medikamente des 50-Jährigen seien neu dosiert worden und Assange fühle sich gesundheitlich nicht in der Lage, das Verfahren zu verfolgen, hieß es zunächst zu Beginn des Verfahrens vor dem Royal Courts of Justice in London.
In den USA drohen bis zu 175 Jahre Haft
Die mögliche Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange an die USA beschäftigt die britische Justiz am Donnerstag weiter. Am zweiten Tag des Berufungsverfahrens, am High Court in London wollen die Vertreter von Assange darlegen, weshalb sie eine Auslieferung des gebürtigen Australiers weiterhin für unzulässig halten. Assange sitzt seit mehr als zwei Jahren im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Haft. Der UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer bewertet den Fall Assange als systematische Folter.
Die Vereinigten Staaten fechten die Entscheidung an, die ein britisches Gericht im Januar getroffen hatte: Eine Richterin in London hatte das Auslieferungsbegehren im Januar mit Hinblick auf Assanges angegriffene psychische Gesundheit und die zu erwartenden Haftbedingungen in den USA abgelehnt. Die US-Justiz will dem 50-jährigen Australier wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Ihm drohen in den USA bis zu 175 Jahre Haft. Nach einer Entscheidung des Londoner High Courts kann das Verfahren noch in die letzte Instanz vor den Supreme Court gehen.
Vorgeworfen wird Assange, mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit US-Informanten in Gefahr gebracht. Seine Unterstützer sehen in ihm einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte. Menschenrechtsorganisationen fordern seine sofortige Freilassung.
US-Anwalt hat Zweifel an Gutachten zu Assanges Gesundheitszustand
Nach Ansicht der USA hat das britische Gericht bei seiner Entscheidung im Januar falsche Schlüsse zu Assanges Gesundheitszustand und dessen Suizidrisiko gezogen. Der US-Anwalt zweifelte am Mittwoch medizinische Gutachten an und sagte: "Herr Assange hatte jeden Grund, bei seinen Symptomen zu übertreiben." Zudem hätten die möglicherweise in den USA drohenden Haftbedingungen bei der britischen Entscheidung eine Rolle gespielt. Dies sei jedoch anzufechten, da die Vereinigten Staaten mittlerweile zugesichert hätten, keine "Spezialmethoden" anzuwenden und gegebenenfalls auch einer Verlegung Assanges in ein Gefängnis in seiner australischen Heimat zuzustimmen.
Assanges Unterstützer hoffen nach neuen Enthüllungen auf eine Kehrtwende im Prozess. Investigative Journalisten hatten vor einigen Wochen unter Berufung auf nicht genannte US-Quellen berichtet, der US-Auslandsgeheimdienst CIA habe Anschlagspläne auf Assange geschmiedet, während dieser sich noch in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhielt. "Die Frage ist: Kann Großbritannien jemanden in ein Land ausliefern, das ihn umbringen wollte?", fragte Assanges Verlobte Stella Moris Anfang der Woche in einem Briefing.
ast/dpa/LTO-Redaktion
Prozess in London: . In: Legal Tribune Online, 28.10.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46486 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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