Im Dauer-Patentstreit von Qualcomm und Apple gelingt dem Chipkonzern ein möglicherweise sehr wichtiger Erfolg in Deutschland. Qualcomm kann den Verkauf einiger älterer iPhone-Modelle nach einer Entscheidung des LG München I stoppen lassen.
Der Chipkonzern Qualcomm hat in seinem Patentstreit mit Apple ein Verkaufsverbot für mehrere iPhone-Modelle in Deutschland erstritten. Das Landgericht (LG) München I entschied am Donnerstag, dass Apple ein Patent von Qualcomm verletzt (Urt. v. 20.12.2019, Az. 7 O 10495/17 und 7 O 10496/17). Qualcomm kann das Urteil gegen eine Sicherheitsleistung von jeweils 668,4 Millionen Euro für zwei Verfahren, in denen es um das Patent ging, vorläufig vollstrecken. Es geht um die Modellreihen iPhone 7 und 8 sowie das iPhone X aus dem vergangenen Jahr. Die neueren Modelle iPhone XS und XR sind nicht betroffen. Zudem soll Apple Schadensersatz an Qualcomm zahlen.
Qualcomm erzielte damit einen ersten spürbaren Erfolg in dem weltweit ausgetragenen Streit mit Apple. Der iPhone-Konzern hatte bis zuletzt betont, dass er sich nicht auf einen Vergleich einlassen wolle.
Qualcomm hatte im Vorfeld betont, dass der Konzern ein eventuelles Verkaufsverbot schnell umsetzen werde. Allerdings war da noch nicht die erhebliche Sicherheitsleistung bekannt. In Branchenkreisen wurde davon ausgegangen, dass der Konzern die erforderliche Summe zügig aufbringen werde, um das Verkaufsverbot auszulösen. Apple sprach am Donnerstag von einem «verzweifelten Versuch» Qualcomms, von den tatsächlichen Differenzen zwischen den beiden Unternehmen abzulenken. Man wolle gegen das Urteil in Berufung gehen.
Funktionsweise des Chips nicht aufklärbar
Bei dem Patent geht es um eine Technologie, die den Stromverbrauch von Telekommunikations-Chips anpasst, damit der Akku länger hält. Aus Sicht von Qualcomm ist es nicht möglich, dieses Patent durch eine Software-Änderung zu umgehen. Der Hersteller des entsprechenden Bauteils in den in Deutschland verkauften iPhones, die US-Firma Qorvo, verweist im Gegenzug darauf, dass man für das sogenannte envelope tracking eine eigene Lösung verwende, die Qualcomms Patent nicht verletze.
Wie der Chip tatsächlich funktioniert, konnte die Kammer aber aus zivilprozessualen Gründen nicht aufklären. Letztlich musste das Gericht der Entscheidung zugrunde legen, dass der Chip so funktionierte, wie Qualcomm behauptete. Qualcomm hatte keinen Zugriff auf die Schaltpläne des Chips und hatte dem Gericht die Funktionsweise anhand eines reverse-engineering-Prozesses erläutert. Apple bestritt zwar, dass der Chip wie von Qualcomm behauptet funktioniert, konnte aber wegen der Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers Qorvo nicht vortragen, wie der Chip denn stattdessen funktioniert.
Das wäre aber für ein ausreichendes Bestreiten erforderlich gewesen, teilte das Gericht am Donnerstag mit. Weil Apple damit keinen substantiierten Vortag vorbrachte, habe die Kammer die Ausführungen Qualcomms unterstellen müssen und habe sie nicht weiter aufklären dürfen. Eine Beweiserhebung auf Grundlage eines nicht ausreichenden Vortrags könne die Gegenseite sonst in ihren Rechten verletzen. In weiteren Verfahren zu einem Software-Patent für Details der Suchfunktion auf dem iPhone traf das Gericht zunächst keine Entscheidung.
Weltweit Klagen anhängig
Qualcomm klagt gegen Apple in Deutschland in mehr als einem Dutzend Verfahren in München und Mannheim. Bisher wurde ein Verfahren ausgesetzt und in einem wurde die Qualcomm-Klage abgewiesen.
Der Streit begann, als Apple Qualcomm mit dem Vorwurf verklagte, der Chipkonzern verlange zu hohe Gebühren für die Nutzung seiner Patente. Apple argumentiert, da der Chipkonzern keinen Festpreis, sondern einen Anteil vom Verkaufspreis der Geräte haben wolle, versuche er auf ungerechtfertigte Weise von Apples eigenen Innovationen zu profitieren. Qualcomm bekommt seitdem kein Geld mehr von den iPhone-Auftragsfertigern und wirft Apple vor Gericht die Verletzung diverser Patente vor. Qualcomm ist vor allem bekannt als Anbieter von Prozessoren und Funkchips, beansprucht aber auch die Erfindung vieler anderer Technologien in Smartphones für sich.
Die Unternehmen streiten unter anderem auch in den USA und China. Apple und mehrere iPhone-Auftragsfertiger werfen Qualcomm vor, durch zwielichtige Wettbewerbspraktiken überhöhte Lizenzgebühren kassiert zu haben. Die Hersteller wie unter anderem Foxconn wollen in den USA neun Milliarden Dollar bei Qualcomm einklagen, der Prozess soll Mitte April beginnen, sagte ihr Anwalt Theodore Boutrous diese Woche. Bei dem Betrag handele es sich hauptsächlich um die Lizenzgebühren in Höhe von fünf Prozent vom Gerätepreis für mehrere Jahre. Die Hersteller müssten doppelt bezahlen, einmal für die Chips und dann für die Technologie darin, kritisierte Boutrous. Es sei eine "Steuer auf Innovationen". Der Chipkonzern versuche, mit "trivialen Klagen auf der Peripherie" davon abzulenken, dass sein Geschäftsmodell unter Druck stehe, um Apple und die Fertiger zu einem Vergleich zu zwingen.
In China erreichte Qualcomm auf Basis von zwei Software-Patenten vor einigen Wochen ein Verkaufsverbot für mehrere Modelle vom iPhone 6 bis zum iPhone X aus dem vergangenen Jahr. Apple setzte den Verkauf jedoch fort und verweist darauf, dass durch ein Software-Update das Patent nicht verletzt werde. Qualcomm pocht darauf, dass in der einstweiligen Verfügung ausdrücklich bestimmte Modelle aufgeführt worden seien, die deshalb nicht mehr angeboten werden dürften.
In den USA soll im Januar auch ein Prozess zu einer Klage der US-Handelsbehörde FTC gegen die Qualcomm-Praktiken beginnen. Qualcomm hat zudem mit finanziellen Einbußen zu kämpfen, weil große iPhone-Fertiger bereits 2017 die Lizenzzahlungen einstellten.
dpa/acr/LTO-Redaktion
LG München I sieht Patentverletzung durch Apple: . In: Legal Tribune Online, 20.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32887 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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