Um einer Haftstrafe zu entgehen haben zwei wegen Raubes verurteilte Ultras des TSV 1860 München das Undenkbare gewagt: einen Einkauf im Fanshop des FC Bayern. Das LG München I akzeptierte am Mittwoch die Geste.
Der Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a Strafgesetzbuch (StGB) ist für Angeklagte häufig ein probates Mittel, um einer höheren Strafe zu entgehen. Der Täter soll dabei versuchen, den angerichteten Schaden so weit wie möglich wieder gut zu machen - wofür bei leichten Delikten schon eine formlose Entschuldigung nebst lauwarmem Händedruck beim Geschädigten vor den Augen des Strafrichters genügen mag. Wo materielle Schäden bestehen, sollten aber möglichst auch diese ausgeglichen werden. Mitunter wird den Tätern dabei einiges abverlangt, wie ein Fall aus München zeigt.
Das Amtsgericht (AG) München hatte bereits im März zwei Anhänger des TSV 1860 München wegen gemeinschaftlichen Raubes zu Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung verurteilt (Urt. v. 19.03.2015, Az. 853 Ls 467 J 185511/14). Die beiden hatten zusammen mit einem dritten unbekannten Ultra im Anschluss an das Regionalliga-Derby zwischen den "Sechzigern" und dem FC Bayern im August 2014 einem Fan des Erzrivalen Jacke, T-Shirt und Hut vom Leib bzw. Kopf gerissen. Dabei hielten sie ihr Opfer fest und drohten ihm Schläge an. Dann flohen sie, konnten jedoch noch am Abend gefasst werden.
Zu der hohen Strafe sei es gekommen, weil die Tat durch drei Personen gegenüber einem Einzelnen verübt worden sei, den diese zudem wiederholt beleidigt hätten, teilte das Gericht mit. Auch sei das Opfer fast unbekleidet in der Öffentlichkeit zurückgelassen worden. Strafmildernde Umstände habe es nicht gegeben – weder hätten die Täter ein Geständnis abgelegt noch Reue gezeigt oder die Identität des dritten Täters preisgegeben. Daher sei eine lediglich zur Bewährung ausgesetzte Strafe nicht in Betracht gekommen.
In der Berufung beim Landgericht (LG) München I wollten die Täter nun das Schlimmste verhindern. Die Verteidigung habe nach Angaben des AG einen Täter-Opfer-Ausgleich angeregt, der bis zur Berufungsverhandlung an diesem Mittwoch auch durchgeführt wurde. Wie die Münchener TZ frühzeitig wusste, hätten die jungen Männer jeweils 500 Euro Schmerzensgeld an den Bayern-Fan gezahlt und sich bei diesem entschuldigt. Damit jedoch nicht genug. Auch die "Höchststrafe" für einen 1860-Fan hätten sie angenommen, wird sein Verteidiger zitiert. Sie seien in einen Fanshop des FC Bayern gegangen und hätten dort Jacke, Trikot und Strohut besorgt. Die Utensilien wurden dem Geschädigten in der Berufungsverhandlung am Mittwoch überreicht. Unter dem Eindruck dieser Geste änderte das Gericht die Strafe. Die beiden wurden zu einem Jahr bzw. 10 Monaten Haft verurteilt - diesmal mit Bewährung.
una/LTO-Redaktion
Damit ihnen das Gefängnis erspart bleibt: . In: Legal Tribune Online, 05.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16506 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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