Springer-Vorstand Mathias Döpfner hatte sich Böhmermanns Schmähgedicht "juristisch zu eigen gemacht". Das war zulässig, entschied das LG Köln. Erdogans Anwalt Ralf Höcker hatte vorab angekündigt, nötigenfalls Beschwerde einlegen zu wollen.
Das Landgericht (LG) Köln hat den Antrag des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Vorstandsvorsitzenden des Springer-Verlags Mathias Döpfner zurückgewiesen. Erdogan hat mit dem Antrag die Unterlassung von Äußerungen verlangt, die Döpfner in einem Artikel in der Zeitung Die Welt publiziert hatte. Dort hatte der Springer-Chef unter anderem geäußert, dass er sich allen "Formulierungen und Schmähungen" Böhmermanns inhaltlich voll und ganz anschließe und sie sich in jeder juristischen Form zu eigen mache.
Die Pressekammer begründet die Zurückweisung mit dem grundrechtlich gewährleisteten Recht auf freie Meinungsäußerung. Im Spannungsfeld zwischen diesem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrechts Erdogans sei die Äußerung Döpfners als Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung in einer kontroversen Debatte zulässig. Ein Unterlassungsanspruch Erdogans folge auch nicht daraus, dass Döpfner möglicherweise rechtswidrige Äußerungen Böhmermanns verbreitet hätte, denn allein in der Bezugnahme auf die nicht wörtlich wiedergegebenen Drittäußerungen und dem damit verbundenen ausdrücklichen Zu-Eigen-Machen liege keine Verbreitung dieser Äußerungen.
Fall beschäftigt womöglich bald das OLG
Auch in der wörtlichen Wiedergabe einer einzelnen Passage aus Böhmermanns Gedicht liege keine Verletzung von Erdogans Persönlichkeitsrecht, denn Döpfner habe diese Passage erkennbar Böhmermann zugerechnet und sich mit ihr nur beispielhaft im Rahmen der zulässigen öffentlichen Kontroverse auseinandergesetzt. Dies werde auch durch die Bezugnahme der Artikelüberschrift auf "Kunst- und Satirefreiheit" deutlich.
Erdogan steht nun das Rechtmittel der sofortigen Beschwerde vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln zu. Sein Anwalt Ralf Höcker kündigte bereits gestern an, seinem Mandanten im Falle des Nichterlassens der Verfügung den Gang in die nächste Instanz zu empfehlen.
acr/LTO-Redaktion
Keine einstweilige Verfügung gegen Springer-Chef: . In: Legal Tribune Online, 10.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19339 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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