Über eine Darknet-Plattform hatte sich der Amokläufer in München 2016 seine Waffe besorgt. Den Betreiber hat das LG Karlsruhe jetzt unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Der Betreiber einer Darknet-Plattform, über die der Münchner Amokläufer vom Juli 2016 seine Waffe gekauft hatte, ist zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Das Landgericht (LG) Karlsruhe verurteilte den 31-Jährigen am Mittwoch unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung und Beihilfe zu Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz (Urt. v. 19.12.2018, Az. 4 KLs 608 JS 19580/17).
Im Juli 2016 hatte ein damals 18-Jähriger am und im Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen und danach sich selbst erschossen. Pistole und Munition hatte sich der Jugendliche über das Darknet besorgt, einen verborgenen Bereich des Internets.
Die auf Cyberkriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft Mannheim hatte eine Gesamtstrafe von neun Jahren und fünf Monaten gefordert. Sie warf dem Mann vor, dass er mit seiner Tätigkeit als Gründer und Administrator der im Darknet eingerichteten Plattform dem späteren Amokschützen den Waffenkauf erst ermöglicht habe.
LG: Unzuverlässigen Personen Waffen verschafft
Sein Tatbeitrag liege in der Einrichtung und dem Betreiben der Plattform. Der 31-Jährige hätte erkennen können und müssen, dass sich außerhalb des legalen, kontrollierten Waffenmarktes unzuverlässige und labile Personen eine Waffe verschaffen und diese auch zur Tötung oder Verletzung von Menschen nutzen könnten.
Die beiden Verteidiger des Angeklagten verzichteten auf eine konkrete Forderung zum Strafmaß und räumten ein, dass ihr Mandant eine Mitschuld trage. Auch habe er sich im Zusammenhang mit Waffengeschäften der Fahrlässigkeit schuldig gemacht. Allerdings sei bei etlichen Anklagepunkten nicht klar, ob die Geschäfte überhaupt abgeschlossen worden seien.
Das LG Karlsruhe erkannte letztendlich auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren. Der Betreiber habe sich wegen fahrlässiger Tötung in neun Fällen in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen strafbar gemacht. In weiterer Tateinheit steht die Beihilfe zu mehreren Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz.
"Jedem hätte die Gefahr klar sein müssen"
"Der Amokläufer hätte die Waffe nicht kaufen können, hätte den Amoklauf nicht begehen können", sagte Richter Holger Radke - wenn der Angeklagte Verkäufer und Käufer nicht in seinem Forum hätte zusammenkommen lassen. Das Gericht hielt dem 31-Jährigen zwar zugute, dass er das Forum 2013 in der an sich nicht verwerflichen Absicht eingerichtet habe, ein Forum für anonyme Kommunikation zu schaffen. "Für jedes auch schlichte Gemüt" hätte aber klar sein müssen, welche Gefahr von so einer Plattform ausgehe, so der Richter.
Das Verfahren sei zum Teil juristisches Neuland, so der Richter, und stimmte damit dem Staatsanwalt zu. Mit der Frage der Haftung eines Plattformbetreibers für Straftaten habe sich die Justiz noch nicht häufig auseinandergesetzt.
Den eigentlichen Waffenhändler im Fall des Münchner Amoklaufs hatte das Landgericht (LG) München I im Januar 2018 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der Mann hatte Pistole und Munition an den jugendlichen Täter verkauft.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Münchner Amoklauf: . In: Legal Tribune Online, 19.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32831 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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