Eine Ärztin aus Sachsen soll mehr als 1.000 falsche Corona-Atteste ausgestellt und damit über 47.000 Euro eingenommen haben. Das Landgericht Dresden verurteilte sie nun zu zwei Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe.
Eine Hausärztin aus Moritzburg bei Dresden ist wegen Ausstellung gefälschter Corona-Atteste in zig Fällen verurteilt worden. Das Landgericht (LG) Dresden verhängte am Montag eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten gegen die 67-Jährige. Neben dem Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse in 1.003 Fällen ging es auch um verbotenen Waffenbesitz. Zusätzlich verhängte das Gericht ein Berufsverbot für drei Jahre. Die ausgestellten Atteste befreiten die Patienten vom Tragen der Schutzmaske, vom Impfzwang oder Schnelltest per Nasen- oder Rachenabstrich.
Während der Urteilsverkündung störten mehrere Dutzend Sympathisanten der Angeklagten mit Zwischenrufen, es kam zu tumultartigen Szenen im Publikum. Ein Besucher soll aufgestanden und gebrüllt haben, die Ärztin habe "so viele Menschen gerettet", wie die Bild berichtet. Auch die Nationalhymne soll angestimmt worden sein. Der Vorsitzende Richter ließ den Saal räumen und unterbrach dafür die Sitzung.
Über 47.000 Euro für falsche Atteste
Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre und zehn Monate Haft für die Frau beantragt. Sie sieht es als erwiesen an, dass die Ärztin aus Moritzburg während der Corona-Pandemie 2021 und 2022 an fünf Sammelterminen im ganzen Bundesgebiet auf Bestellung Atteste ausstellte. Der Ankläger bescheinigte der Frau hohe kriminelle Energie. Die Angeklagte habe ihre Tätigkeit trotz einer Gesetzesverschärfung 2021 – zu diesem Zeitpunkt wurde § 278 Strafgesetzbuch (Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse) neu gefasst – und deutlicher Warnungen durch die Landesärztekammer Sachsen fortgesetzt, sagte der Staatsanwalt.
Er forderte auch ein höheres Berufsverbot von vier Jahren und die Einziehung der Taterträge in Höhe von über 47.000 Euro. Pro Attest habe sie mindestens 30 Euro kassiert und sich daher unter anderem wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse gemäß § 278 Strafgesetzbuch in 1.003 Fällen schuldig gemacht.
Aus Sicht der Anklage ist "zweifelsfrei" erwiesen, dass sie aus Überzeugung gegen die staatlichen Schutzmaßnahmen in der Pandemie gehandelt habe, so der Staatsanwalt. Sie habe die Atteste nach Angaben der Empfänger ausgestellt, bevor sie die Menschen bei den Sammelterminen traf und eine Behandlung nur vortäuschte.
Zugehörigkeit zur "Reichsbürger"-Szene
Die Ärztin selbst meint, sie habe "nach bestem Wissen und Gewissen" und zum Wohle ihrer Patienten gehandelt. Ihre Verteidiger forderten einen Freispruch. Ihre Mandantin habe sich nicht bereichert. Sie monierten, die Kammer habe nur einen Bruchteil der Attestempfänger als Zeugen geladen, von denen die meisten aufgrund von Ermittlungen gegen sich nicht ausgesagt hätten.
Sie habe ihre Patienten vor Gefahren bewahren wollen, in einer "anständigen, klaren und verständlichen Art und Weise", sagte die Angeklagte. Es sei ihr darum gegangen, für Behörden, Arbeitgeber, Beamte und andere Ärzte den Willen ihrer Patienten und "meine ärztliche Einstellung kundzutun."
Die 67-Jährige soll sich selbst als Angehörige des "Indigenen Volkes der Germaniten" bezeichnet haben und der "Reichsbürger"-Szene zuzuordnen sein. Weil bei der Ärztin zudem ein nicht zugelassener Elektroschocker gefunden wurde, war sie auch wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt worden.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Über 1.000 gefälschte Corona-Atteste: . In: Legal Tribune Online, 17.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54787 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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