Pferd Dusty ist laut Vorbesitzer eine echt "coole Socke". Bei seinem neuen Reiter ist er aber panisch und schreckhaft. Rückabwickeln kann er den Vertrag aber nicht. Tiere verändern sich, die Beweislastumkehr kommt dem Käufer nicht zugute.
Das Landgericht (LG) Coburg hat die Klage eines Reiters abgewiesen, der wegen eines behaupteten Charaktermangels und fehlender Rittigkeit eines Pferdes die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangte (Urt. v. 26.02.2016, Az. 23 O 500/14). Wegen der speziellen Gegebenheiten von Lebewesen als Kaufgegenstand kam dem Reiter eine zur Beweislastumkehr führende Vermutungswirkung aber nicht zugute.
Im Frühjahr 2014 erwarb der Hobby-Reiter ein damals 6-jähriges Pferd, das von der beklagten Verkäuferin als ruhig, ausgeglichen und problemlos im Gelände reitbar beschrieben worden war. Es sei eine "coole Socke". Im Kaufvertrag wurde unter anderem geregelt, dass das Pferd angeritten sei und mit dem Tier weiter gearbeitet werden müsse.
Ganz so cool war Dusty dann aber wohl doch nicht. Wenige Wochen nach der Übergabe sei das anfangs eher schläfrige Verhalten des Pferdes ins zunehmend Schreckhafte umgeschlagen. Schon beim geringsten Anlass neigte Dusty zu Panik und Flucht. Seinen neuen Besitzer habe er bereits zweimal abgeworfen. Für Freizeitreiter, an die das Angebot der Verkäuferin sich unbestritten gerichtet hatte, sei das Pferd nicht reitbar, fand der Käufer. Damit läge die vereinbarte Beschaffenheit des Pferdes nicht vor. Dieses leide vielmehr unter einem Charaktermangel, sei möglicherweise traumatisiert. Nach erfolgloser Aufforderung zur Nacherfüllung trat der Reiter schließlich vom Kaufvertrag zurück und forderte dessen Rückabwicklung.
Dustys Verhalten ist keine Störung
Die Richter wiesen seine Klage nun ab. Insgesamt sah das Gericht einen Charaktermangel bei Übergabe des Tieres nicht als erwiesen an. Nach Auffassung eines Sachverständigen handelte es sich bei den Auffälligkeiten des Pferdes nicht um eine Verhaltensstörung, sondern um ein - wenn auch unerwünschtes - Verhalten, das dem Normalverhalten der Pferde im weiteren Sinn entspreche und auch auf die Unerfahrenheit des Klägers als Reiter und dessen Umgang mit Pferden zurückzuführen ist. Eine Traumatisierung konnte im Gutachten nicht bestätigt werden.
Soweit der Käufer die fehlende Rittigkeit beziehungsweise Beherrschbarkeit des Pferdes gerügt hatte, handelt es sich nach der Entscheidung des LG um Gegebenheiten, die wegen der ständigen Entwicklung lebender Tiere nicht nur jederzeit auftreten, sondern auch vom Pferd und seiner Veranlagung unabhängige Ursachen haben können. Die speziellen Eigenschaften der Tiere als Lebewesen mit ständiger Entwicklung dürfen laut Gericht bei der Anwendung des Mängelgewährleistungsrechts nicht aus den Augen verloren werden. Daher komme dem Reiter die Regelung des § 476 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht zugute. Insgesamt konnte er den Nachweis der Mangelhaftigkeit des Tieres zum Zeitpunkt der Übergabe nicht führen.
acr/LTO-Redaktion
LG Coburg zur Charakterentwicklung von Tieren: . In: Legal Tribune Online, 22.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19177 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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