LG Berlin zur Wohnflächenberechnung: Bal­kone zählen nur zu einem Viertel

von Hasso Suliak

16.02.2018

Balkone, Terrassen und Wintergärten dürfen nur zu einem Viertel in die Flächenberechnung einer Wohnung miteinfließen. Das LG Berlin schob damit einer weit verbreiteten Vermieter-Praxis in der Hauptstadt einen Riegel vor.  

Erleichterung für Berliner Mieter: Balkone, Terrassen und Wintergärten dürfen nur zu einem Viertel in die Berechnung der Wohnfläche einer Wohnung miteinfließen. Das entschied das Landgericht (LG) Berlin (Urt.v.17.01.2018, Az 18 S 308/13). Unter Berliner Privatvermietern war es bisher weit verbreitet, dass Flächen von Balkonen, Terrassen und Wintergärten zur Hälfte in der Wohnfläche Berücksichtigung fanden. Leidtragende dieser Praxis sind die Mieter, die wegen so berechneter Quadratmeterangaben überhöhte Mieten zahlen müssen.

Im konkreten Fall hatte ein Mieter aus dem Berliner Bezirk Wedding geklagt, der eine Mieterhöhung für überzogen hielt. Er zweifelte die im Mietvertrag angegebene Wohnungsgröße von 94,5 Quadratmeter an. Das Gericht holte mehrere Sachverständigengutachten zu der Wohnung mit zwei Balkonen ein und legte ihre Größe schließlich auf 84 Quadratmeter fest. Im Urteil stellte es nunmehr fest, dass "entgegen einer weit verbreiteten Praxis in Berlin" die für die Wohnung nutzbaren zwei Balkone lediglich mit einem Viertel ihrer Fläche hinzuzurechnen seien. Anhaltspunkte für eine abweichende Berechnung lägen nicht vor.

Privatvermieter wenden Verordnung falsch an 

Die zuverlässige Berechnung einer Wohnfläche ist faktisch wie auch rechtlich schwieriges Terrain. Im Wesentlichen wird bei der Größenberechnung einer Wohnung die seit 2004 anwendbare Wohnflächenverordnung zugrunde gelegt. Diese gilt zwar eigentlich unmittelbar nur für den sozialen, preisgebundenen Wohnungsbau, wird aber analog – wie in diesem Fall - auch bei der Berechnung des freifinanzierten, also nicht preisgebundenen Wohnraums hinzugezogen. Ansonsten kommt es bei der Berechnung der Wohnfläche von nicht preisgebundenem Wohnraum auf die örtliche Verkehrssitte an.

Um daher herauszufinden, was in Berlin ortsübliche Praxis ist, hatte das Gericht ein Sachverständigengutachten eingeholt. Ergebnis der Datenerhebung: Viele der befragten Privatvermieter wenden die Wohnflächenverordnung rechtsfehlerhaft an und berücksichtigen die Hälfte von Balkonflächen. In der Wohnflächenverordnung ist jedoch laut Mitteilung des LG "ausdrücklich festgelegt, dass die Flächen von Terrassen, Balkonen und Wintergärten nur zu einem Viertel angerechnet werden könnten".

Unterdessen eröffnet die Wohnflächenverordnung, die im Januar 2004 die frühere II. Berechnungsverordnung ablöste, Vermietern einen gewissen Spielraum bei der Berechnung von Terrassen, Balkonen und Wintergärten. In der Regel sind diese danach zwar mit einem Viertel zu berücksichtigen. Es kann aber auch eine Berücksichtigung zur Hälfte zulässig sein, wenn etwa der Balkon oder die Terrasse besonders schön oder hochwertig ist, eine gute Lage hat und dadurch die Wohnqualität entsprechend erhöht wird.

Mieterbund fordert Rechtsklarheit

Dem deutschen Mieterbund ist diese eher schwammige Rechtslage ein Dorn im Auge: "Wir brauchen eine eindeutige gesetzliche Regelung, die für die Ermittlung der Wohnfläche entscheidend ist", so Mieterbund-Geschäftsführer Ulrich Ropertz gegenüber LTO. Außerdem müsse der Gesetzgeber festlegen, dass es bei Mietfestsetzungen, Mieterhöhungen sowie Betriebskostenfestsetzungen auf die tatsächliche Wohnfläche ankommt – und nicht unbedingt auf die Quadratmeter-Angabe im Mietvertrag. 

Diese weicht in der Praxis bei Nachmessungen in der Tat häufig von der tatsächlichen Wohnfläche ab. Die Rechtsprechung lässt jedoch in der Regel eine zehnprozentige Abweichung zu, auf deren Grundlage dann die Miete oder Betriebskosten festgesetzt werden können. Bei einer Mieterhöhung hatte der BGH allerdings 2015 diese Abweichung nicht mehr akzeptiert.

Welche weiteren Folgen sich aus dem Urteil des LG Berlin nun für Mieter auch bundesweit ergeben könnten, bleibt abzuwarten: Der Eigentümerverband Haus & Grund warnte davor, die Bedeutung der LG Entscheidung "zu hoch zu hängen". Die vom LG Berlin befragten Vermieter hätten sich auf Grundlage der Wohnflächenverordnung "im Rahmen der gesetzlichen Angaben bewegt". Spannend sei eher, was der Bundesgerichtshof demnächst urteilen werde, so die Rechtsreferentin des Verbandes, Julia Wagner, zu LTO.

So hat das LG im Berliner Fall die Revision zum BGH zugelassen, der Vermieter hat das Rechtsmittel bereits eingelegt. In Karlsruhe ist die Akte damit bereits auf dem Tisch (Az. VIII ZR 33/18).

mit Material von dpa

Zitiervorschlag

Hasso Suliak, LG Berlin zur Wohnflächenberechnung: . In: Legal Tribune Online, 16.02.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27081 (abgerufen am: 23.11.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen