In seiner Urteilsbegründung zur Mietpreisbremse hat das LG Berlin verfassungsrechtlichen Bedenken am Gesetz eine Absage erteilt. Es sei hinreichend bestimmt und ein geeignetes Mittel gegen steigende Mieten.
Die Mietpreisbremse erntete schon bei ihrer Einführung viel Kritik. Und was mit politischem Widerspruch begann, endete schließlich mit gerichtlichen Klagen. Nun hat aber das Landgericht (LG) Berlin den vorgetragenen Bedenken eine Absage erteilt. Die Regelung sei hinreichend bestimmt und angemessen, befanden die Richter in der am Dienstag veröffentlichten Urteilsbegründung (Urt. v. 29.03.2017, Az. 65 S 424/16).
Das von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verantwortete Gesetz sieht vor, dass in bestimmten Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Mietpreise gedeckelt werden. Sie dürfen die ortsübliche Vergleichsmiete dann zu Beginn des Mietverhältnisses nicht um mehr als zehn Prozent übersteigen.
Welche Gebiete die Regelung genau betrifft, dürfen die Landesregierungen gemäß § 556d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) per Verordnung festlegen. Die Verordnung bestimmt den Status der Gebiete dabei für maximal fünf Jahre. Nach § 556g Abs. 1, S. 1 und S. 2 BGB sind Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von der Regelung abweichen, von Beginn an unwirksam.
Zuviel gezahlte Miete zurückgefordert
In Berlin hatte nun ein Mieter aufgrund des Gesetzes seine Vermieterin auf Rückerstattung von zuviel gezahlter Miete verklagt. Das Amtsgericht (AG) Berlin-Neukölln hatte ihm in erster Instanz Recht gegeben und einen Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bejaht (Urt. v. 08.09.2016, Az. 11 C 414/15).
Dem schloss sich nun auch das LG Berlin in der Berufungsverhandlung an und erteilte den von der Vermieterin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken eine klare Absage. Das AG habe zu Recht die von den Parteien vereinbarte Nettokaltmiete für unwirksam erklärt, da diese die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als zehn Prozent übersteige. Insofern stelle die über deren Höhe hinausgehende Mietzahlung eine ungerechtfertigte Bereicherung dar, welche zurück zu erstatten sei.
2/2: Kriterien für Gebietsbezeichnung hinreichend eingegrenzt
Die Voraussetzungen der gesetzlichen Regelung zur Mietpreisbegrenzung lägen vor. Das Land Berlin habe von der Verordnungsermächtigung in zulässiger Weise Gebrauch gemacht und damit die Voraussetzungen für den Rückzahlungsanspruch geschaffen. Einwände gegen die Verfassungsmäßigkeit des ermächtigenden Gesetzes gingen fehl. Dabei stützte sich die Kammer im Wesentlichen auf die Erwägungen der ersten Instanz.
So sei die Ermächtigung zum einen hinreichend bestimmt. Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung kämen im Wortlaut des Gesetzes klar zum Ausdruck. Die Kriterien für ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt seien dabei ausreichend eingegrenzt und der verbleibende Ermessensspielraum der Länder vor dem Hintergrund des Bestimmtheitserfordernisses nicht zu beanstanden. Ein angespannter Wohnungsmarkt zeichnet sich nach dem Gesetz durch stark steigende oder bereits auf einem deutlich erhöhten Niveau rangierende Mieten aus.
Es sei mit den gängigen Auslegungsmethoden zu ermitteln, welche Gebiete unter die Norm fallen könnten. Dabei wiesen sie auf die "weniger detaillierte Ermächtigung" zur Kappungsgrenzen-Verordnung nach § 558 BGB hin, welche der Bundesgerichtshof (BGH) gebilligt habe.
Eigentumsrecht zulässig beschränkt
Auch einen Verstoß gegen die in Art. 14 Absatz 1 Grundgesetz (GG) verbürgte Eigentumsgarantie vermochte die Kammer nicht zu erkennen. Der Eingriff sei geeignet und angemessen, um den sozialpolitisch begründeten Zweck zu erreichen, Preisspitzen in Gebieten mit hoher Wohnungsnachfrage zu verhindern. Zwar werde durch die Regelung nicht mehr Wohnraum geschaffen, doch sei sie geeignet, eine dauerhafte Anhebung des Mietniveaus in den betroffenen Gebieten zu verhindern.
Im Übrigen gebe das Eigentumsrecht, welches auch das Gebot zur Rücksichtnahme einschließe, keinen Anspruch darauf, die höchstmögliche Rendite aus dem Objekt zu ziehen. Es sei erst dann verletzt, wenn die Wirtschaftlichkeit der Vermietung insgesamt in Frage gestellt werde.
Die Revision wurde nicht zugelassen, da die Entscheidung auf bereits höchstrichterlich entwickelten Grundsätzen basiere. Eine Fortbildung des Rechts oder die Herstellung einer einheitlichen Rechtsprechung hielten die Richter nicht für nötig.
mam/LTO-Redaktion
LG Berlin veröffentlicht Urteilsgründe: Mietpreisbreme verfassungsgemäß, Mieter kriegt sein Geld zurück . In: Legal Tribune Online, 03.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22810/ (abgerufen am: 18.07.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag