Gefährliche Orte, die nicht unbedingt gefährlich sind: Die Landesregierung hat nun hunderte Straßen und Plätze unter anderem in Köln, Dortmund und Aachen benannt, zu deren Auskunft sie der VerfGH auf Betreiben der AfD verpflichtet hatte.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat am Mittwoch Hunderte Straßen und Plätze genannt, die "gefährlich und verrufen" im Sinne des Polizeigesetzes (PolG) sein sollen. Sie beantwortet damit eine Anfrage von AfD-Abgeordneten aus dem Jahr 2017. Weil das Innenministerium diese Anfrage zunächst nicht vollständig beantworten wollte, hatte es jahrelangen Streit gegeben.
Die Landesregierung hatte in einer ersten Antwort vor zwei Jahren 44 Orte im Land nach dieser Definition benannt und Städten zugeordnet, konkrete Angaben dazu aber verweigert. Das sei unzulässig, hatte der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) NRW moniert und die Landesregierung im Januar gezwungen, die Anfrage präsziser zu beantworten. Die Abgeordneten hätten einen Informationsanspruch aus § 30 Abs. 2 und 3 der Landesverfassung. Dort ist das Antrags- und Fragerecht geregelt.
Regierung konkretisiert 44 "gefährliche Orte" in NRW
Nun werden in einer seitenlangen Tabelle Straßen und Plätze genannt, die diese 44 Gebiete definieren. Besonders viele Ortsangaben werden für Köln, Dortmund und Essen genannt. Für Aachen sind 35 Ortsangaben aufgeführt, für Düsseldorf 14. So ist in der Landeshauptstadt damit das Bahnhofsviertel markiert, nicht aber die Altstadt.
Die Angaben beziehen sich auf den Zeitraum von Dezember 2010 bis Dezember 2017. Das NRW-Innenministerium hatte darauf hingewiesen, dass es sich bei den Begriffen "gefährliche und verrufene Orte" um polizeifachliche Bezeichnungen handelt, die irreführend seien.
Die AfD hatte argumentiert, die Bürger hätten ein Recht zu wissen, wo genau es gefährlich sei und was die Polizei vor Ort dagegen unternehme. Allerdings hatte sie ihre Anfrage auf einen Passus in § 12 des PolG NRW bezogen, in dem es um Identitätsfeststellungen geht.
Gefährliche Orte, die nicht unbedingt gefährlich sind
Das Innenministerium hatte entgegnet, die dort genannten Orte definierten eben nicht unbedingt Orte, an denen Bürger einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind, Opfer von Straftaten zu werden. Es könne sich auch um Orte handeln, an denen Straftaten lediglich verabredet und vorbereitet werden. An solchen Orten ermöglicht das Gesetz Polizisten, ohne weiteren Anlass Identitätsfeststellungen vorzunehmen - etwa in einschlägigen Straßen der Bahnhofsviertel.
Die Regierung hatte argumentiert, die Polizeiarbeit werde erschwert, wenn potenzielle Straftäter präzise Informationen über solche Orte erlangten. Anwohnern von öffentlich als "gefährlich" bezeichneten Wohngegenden drohe eine Stigmatisierung. Das Sicherheitsgefühl der Bürger könne zudem beeinträchtigt werden. Die Verfassungsrichter ließen das nicht gelten und entschieden: Die Regierung sei grundsätzlich verpflichtet, Fragen von Abgeordneten zu beantworten.
Die AfD interpretierte die Auskünfte am Mittwoch auf ihre Weise: Die Landesregierung habe nicht zugeben wollen, "dass sie in vielen Bereichen die Lage nicht mehr im Griff hat. Wir wissen jetzt, wo genau die Kriminalitäts-Hotpots und No-Go-Areas in NRW sind, und werden das sorgfältig analysieren."
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Landesregierung deklariert hunderte Straßen und Plätze: . In: Legal Tribune Online, 27.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41741 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag