Eine über eine deutsche Agentur vermittelte bulgarische Pflegerin wohnte und arbeitete bei einer alten Dame - laut Vertrag für 30 Stunden die Woche. Das Gericht befand aber, dass sie 24 Stunden täglich gearbeitet habe und dafür zu bezahlen sei.
Eine im Rahmen einer "24-Stunden-Pflege zu Hause" eingesetzte Pflegekraft hat Anspruch auf Zahlung von Mindestlohn für die gesamten 24 Stunden. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LArbG) entschieden und gab der Klage einer bulgarischen Pflegekraft im Wesentlichen statt (Urt. v. 05.09.2022, Az. 21 Sa 1900/19).
Eine Bulgarin war als Pflegekraft von einer deutschen Agentur, die mit dem Angebot einer "24-Stunden-Pflege zu Hause" wirbt, vermittelt und von ihrem bulgarischen Arbeitsgeber als Pflegekraft nach Deutschland entsandt worden. Hier pflegte sie eine ältere, alleinlebende Dame in ihrer Wohnung in einer Seniorenwohnanlage. Sie wohnte bei der Frau und betreute sie umfänglich: Sie führte den Haushalt, half der Dame beim Essen und bei der Körperpflege und leistete ihr Gesellschaft. Dafür war ein Betreuungsentgelt für 30 Stunden pro Woche vereinbart.
Die bulgarische Pflegerin forderte nun Vergütung nicht nur für die 30 Stunden pro Woche, sondern für die jeweils ganzen 24 Stunden pro Tag. Denn sie habe jeden Tag von 6.00 morgens bis 22.00 oder 23.00 Uhr abends arbeiten und auch nachts jederzeit bereit sein müssen. Ihr stehe daher der Mindestlohn für 24 Stunden an sieben Tagen die Woche, also 168 Wochenstunden, zu. Der Arbeitgeber bestritt diese Arbeitszeiten jedoch und verwies auf die vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden.
Das LArbG gab der Klage im Wesentlichen statt. Im Rahmen einer umfassenden Beweisaufnahme kam es zu der Überzeugung, dass die bulgarische Pflegerin die Pflege der alten Dame tatsächlich für rund 24 Stunden am Tag und damit für deutlich mehr als die vertraglich vereinbarten 30 Stunden in der Woche habe sicherstellen müssen, da sie ständig in Bereitschaft hätte sein müssen. Damit stehe ihr für diesen Zeitraum der Mindestlohn zu. Lediglich für Zeiten, in denen die Dame Besuch von ihrer Familie erhielt oder mit Familienangehörigen im Restaurant war, entfalle dieser Anspruch.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen. Es besteht die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen.
ast/LTO-Redaktion
LAG Berlin-Brandenburg: . In: Legal Tribune Online, 05.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49536 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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