Im Februar wurde der jüdische Student Lahav Shapira von einem Kommilitonen krankenhausreif geschlagen. Nun klagt er gegen seine Universität, weil sie keine adäquaten Maßnahmen gegen Antisemitismus ergriffen habe.
Der jüdische Student Lahav Shapira klagt nach einem Angriff auf sich durch einen Kommilitonen gegen die Freie Universität (FU) Berlin. Dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin liegt ein entsprechendes Verfahren vor, wie ein Gerichtssprecher am Dienstag sagte. Demnach wirft Shapira der Hochschule vor, sie habe zugelassen, "dass antisemitische Sprache sich zu Taten konkretisiert hat".
Der heute 31-Jährige wurde im Februar bei einer offenbar antisemitisch motivierten Attacke zusammengeschlagen und kam mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus. Ein damals 23 Jahre alter propalästinensischer Kommilitone soll ihn im Ausgehviertel in Berlin-Mitte angegriffen haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung. Sie stuft die Tat nach eigenen Angaben als antisemitisch ein und sieht einen Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt. Die Ermittlungen dauern noch an, wie eine Sprecherin sagte.
Shapira will nun die FU Berlin in die Verantwortung nehmen. Er beruft sich dabei auf § 5b des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG). Demnach sind Universitäten verpflichtet, Diskriminierungen zu verhindern – auch solche wegen einer "antisemitischen Zuschreibung".
Vorwurf: Antisemitische Stimmung zu lange toleriert
"Es geht darum, dass die Uni die antisemitische Stimmung, die auch zu dem Angriff geführt hat, viel zu lange toleriert hat. Die Uni hat nach dem Hochschulgesetz die Pflicht, für ein diskriminierungsfreies Umfeld zu sorgen. Und das hat sie nicht getan", sagte Shapira bei ZDF-"Frontal".
Die Universität habe "keine adäquaten Maßnahmen ergriffen, um die antisemitische Diskriminierung gegen den Kläger, aber auch andere jüdische Studierende zu verhindern oder diese strukturell zu beseitigen", heißt es nach dem Bericht in der 16-seitigen Klageschrift. Wann das Verwaltungsgericht darüber verhandeln wird, ist noch offen. Nach Angaben des Gerichtssprechers ist sie gerade erst eingegangen.
Von der FU lag zunächst keine Stellungnahme vor. Laut ZDF-"Frontal" teilte die Pressestelle der Hochschule dem Sender mit: "Die von Ihnen erwähnte Klage liegt der Freien Universität Berlin noch nicht vor. Zu laufenden rechtlichen Vorgängen äußert sich die Freie Universität nicht."
Verschärfung des Hochschulgesetzes geplant
Als Konsequenz auf den Angriff beabsichtigt der Berliner Senat, eine Verschärfung des Hochschulgesetzes umzusetzen. Die Opposition kritisiert die geplante Verschärfung. Der Opferschutz stehe nicht im Mittelpunkt, hieß es vor einer Woche von der Linken im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses.
Ziel des Opferschutzes müsse sein, dass ein Opfer von Gewalt dem Täter beispielsweise nicht in einer Vorlesung gegenübersitzen müsse. Dies sei bei der von SPD und CDU geplanten Änderung nicht gegeben, da sich eine Exmatrikulation, die nach nach der Verschärfung vorgesehen ist, nach einer Verurteilung jahrelang hinziehen könne.
Inwieweit in diesem Zusammenhang eine Exmatrikulation oder andere präventive Maßnahmen seitens der Hochschule rechtlich zulässig oder sogar geboten sind, hat Dr. Max Kolter für LTO erörtert.
dpa/kj/LTO-Redaktion
Nach antisemitischer Gewalt: . In: Legal Tribune Online, 26.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54861 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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