Selbst wenn man persönliche Gegenstände wie Brillen und Hörgeräte auch für die Arbeit benötigt, sind diese noch keine Arbeitsgeräte. Wer auf dem Weg zum Akustiker oder Optiker stürzt, hat deshalb keinen Arbeitsunfall, so das LSG.
Eine Person, die auf dem Weg zum Hörgeräteakustiker stürzt, ist dabei nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg entschieden (Urt. v. 10.02.2022, Az. L 3 U 148/20).
In dem Fall ging es um eine Frau, die als Fahrdienstleiterin bei der Deutschen Bahn arbeitet. Mit der Bahn hatte sie schriftlich vereinbart, bei ihrer Arbeit ein Hörgerät tragen zu müssen. Dabei benötigt sie vorsorglich auch immer Ersatzbatterien, welche sie 2019 bei einer Spätschicht einmal unerwartet tatsächlich einsetzen musste. Am Folgetag wollte sie deshalb bei ihrem Hörgeräteakustiker neue Ersatzbatterien besorgen, da sie an diesem Tag erneut in der Spätschicht arbeiten sollte. Dabei stürzte sie vor dem Geschäft und brach sich den Kopf des Oberarmknochens.
In erster Instanz hatte das Sozialgericht (SG) Potsdam noch zugunsten der Frau entschieden und den entsprechenden Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung bejaht. Die dagegen gerichtete Berufung der zuständigen Unfallkasse war jetzt vor dem LSG Berlin-Brandenburg allerdings erfolgreich.
Versicherungsschutz nicht beliebig auf den privaten Bereich ausdehnbar
Der 3. Senat des LSG ist der Auffassung, dass persönliche Gegenstände wie Hörgeräte oder auch Brillen grundsätzlich nicht als Arbeitsgeräte einzustufen sind, deren (Ersatz-)Beschaffung versichert ist. Jedenfalls gelte das, wenn solche Gegenstände nicht nahezu ausschließlich beruflich genutzt werden, so das LSG. Da die Frau zum Zeitpunkt des Unfalls auch privat auf das Hörgerät angewiesen war, besteht hier nach der Entscheidung des LSG kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Nebenabrede zwischen der Frau und der Deutschen Bahn, wonach die Frau bei der Arbeit stets ein Hörgerät samt Ersatzbatterien braucht, so das LSG. Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung könne nicht beliebig in den privaten Bereich ausgedehnt werden. Eine Ausweitung des Schutzes sei nur bei einem besonders engen Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit möglich, der hier nach Überzeugung des Senats nicht besteht. Die Frau hätte auch vorausschauend einen Vorrat an Batterien anlegen können, so das LSG weiter.
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Berufung zum Bundessozialgericht zugelassen.
jb/LTO-Redaktion
LSG Berlin-Brandenburg zum Sturz beim Akustiker: . In: Legal Tribune Online, 21.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47597 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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