Ein zentrales Sachverständigen-Gutachten zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs verzögert sich wohl bis 2020. Der Strafprozess soll aber wie geplant beginnen, die Anklagevertreter berufen sich auf eigene Gutachter.
Am Vormittag herrschte Verwirrung um den bevorstehenden Strafprozess betreffend den Einsturz des Kölner Stadtarchivs. Wie bekannt wurde, verzögert sich ein wichtiges Gutachten zur Einsturzursache voraussichtlich bis 2020.
Die Rheinische Post und die Kölnische Rundschau berichteten, dass der unabhängige Sachverständige Hans-Georg Kempfert die Ergebnisse seiner Untersuchungen an der Unglücksstelle wohl nicht wie geplant 2018 vorlegen könne, sondern erst zwei Jahre später.
Ob das Auswirkungen auf das im Januar 2018 beginnende Strafverfahren gegen sechs Angeklagte haben würde, schien zunächst unklar. Derzeit sei das noch nicht zu beantworten, sagte ein Sprecher des Landgerichts (LG) Köln: "Das wäre reine Spekulation. Wenn es einen Einfluss geben sollte, wäre das im Rahmen des Hauptverfahrens zu klären." Der Strafprozess beginne wie geplant im kommenden Januar. Die Prozesstermine sollten in den nächsten Tagen festgelegt werden.
Das fragliche Gutachten ist zunächst einmal für einen möglichen Zivilprozess beauftragt worden und insofern nicht grundlegend für die Anklage. Relevant sei es allerdings trotzdem, erklärte Ulrich Bremer, Pressesprecher der Kölner Staatsanwaltschaft auf LTO-Nachfrage. Die Staatsanwaltschaft habe allerdings auch eigene Gutachter beauftragt, auf deren Expertise die Anklage aufgebaut werde. Ob diese durch das fehlende Gutachten beeinträchtigt werden könne, sei derzeit noch nicht abzusehen, so Bremer.
Im Strafverfahren droht Verjährung
Das Stadtarchiv war am 3. März 2009 völlig zerstört worden, zwei Menschen starben bei dem Unfall. Als Ursache vermutet die Staatsanwaltschaft Fehler beim Bau einer nahegelegenen U-Bahn-Linie. Seitdem läuft die juristische Aufarbeitung des Geschehens.
Die Stadt beziffert den Sachschaden auf 1,2 Milliarden Euro. Sie strebt Schadenersatz im Rahmen eines Zivilverfahrens an, ebenso wie die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB). Laut Gerichtssprecherin läuft dafür derzeit ein "nicht öffentliches und selbstständiges Beweisverfahren" - mit einem Gutachten zur Schadenshöhe und dem Kempfert-Gutachten zur Unglücksursache. Erst wenn diese beiden Berichte vorliegen, werde sich zeigen, ob es zu einem Zivilprozess komme, erläuterte die Sprecherin.
Im zunächst anstehenden Strafprozess dagegen geht es um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung und der Baugefährdung - erhoben gegen fünf Mitarbeiter der am U-Bahn-Bau beteiligten Baufirmen und gegen zwei KVB-Beschäftigte. Einer der Angeschuldigten ist inzwischen gestorben.
Die Staatsanwaltschaft steht unter Zeitdruck: Am 2. März 2019 - zehn Jahre nach dem Unglück - tritt nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) Verjährung ein, wenn das Gericht sein Urteil bis dahin nicht fällt. Dann würde die strafrechtliche Schuldfrage ungeklärt bleiben.
mam/LTO-Redaktion/dpa
Sachverständigen-Gutachten verzögert sich: . In: Legal Tribune Online, 17.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25067 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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