Das Kammergericht ist der Ansicht, dass VW seine Diesel-Käufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat. Diese vorläufige Rechtsansicht teilte das Gericht am Montag mit, die Parteien wollen sich nun einigen.
Das Kammergericht (KG) hat sich in die Liste der Gerichte eingereiht, die VW im Dieselskandal vorsätzliche sittenwidrige Schädigung seiner Kunden bescheinigen. Dies geht aus einer Pressemitteilung hervor, die das Gericht am Dienstag veröffentlichte. Darin teilte es auch mit, dass die Parteien in zwei Verfahren eine gütliche Einigung anstreben, die man nun abwarten wolle (Az. 4 U 51/19 u. 4 U 9/19).
In den Verfahren streiten Diesel-Käufer mit dem Autohersteller um Schadensersatzansprüche wegen des Kaufs von Fahrzeugen mit manipulierter Abgassoftware. Der 4. Zivilsenat, der beide Sachen verhandelt, hat den Parteien nun seine vorläufige Rechtsauffassung mitgeteilt, nach der VW schlechte Karten haben dürfte. Denn die Richter sind der Ansicht, dass der niedersächsische Autobauer wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung seiner Kunden nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haftet.
Der Schaden der Kunden liegt nach Auffassung des Senats darin, dass so ein Fahrzeug schon rein aufgrund der Betroffenheit vom Abgas-Skandal im Wert gemindert und der Schaden zudem bereits durch die Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit begründet sei. Ob nachträglich ein Software-Update durchgeführt wird, spiele indes keine Rolle, da daraus kein Verzicht auf Schadensersatz abzuleiten sei.
KG zweifelt an fehlender Kenntnis auf Führungsebene
Auch dass VW als Beklagte - vertreten durch seinen Vorstand - vorsätzlich gehandelt habe, habe das Unternehmen nicht widerlegen können. Wie schon in anderen Verfahren zuvor hatte sich VW zur Frage der Kenntnis von den Abgasmanipulationen auf Führungsebene in Schweigen gehüllt.
Das gereichte dem Unternehmen vor dem KG nicht zum Vorteil: Dass trotz interner Ermittlungen nichts dazu mitgeteilt wurde, wer die Entscheidungsträger gewesen sind, ließ das Gericht zweifeln. Angesichts der Reichweite der Entscheidung, die manipulierte Abschaltvorrichtung konzernweit einzusetzen, betrachte man es als fernliegend, dass die entsprechenden Vorgänge mit Aufträgen in Millionenhöhe dem Vorstand nicht bekannt gewesen sein sollen, so das Gericht.
Jedenfalls bei Kenntnis des Leiters der Entwicklungsabteilung hafte das Unternehmen nach der Vorschrift über Verrichtungsgehilfen gem. § 831 BGB für dessen Verschulden. Ein Auswahlverschulden seinerseits bei der Besetzung des Postens habe VW nicht widerlegen können. Der mögliche Schadensersatzanspruch reduziere sich aber um den Betrag eines Nutzungswertersatzes für die Dauer der Benutzung des manipulierten Fahrzeugs, betonte das KG. Der Senat geht dabei nach einer Schätzung von einer Regellaufleistung der Fahrzeuge von 300.000 Kilometern aus.
Wie das KG hatten auch schon zuvor die Oberlandesgerichte in Koblenz, Karlsruhe, Köln, sowie die Landgerichte in Frankfurt und Düsseldorf entschieden. Sie alle gingen ebenfalls davon aus, dass die verantwortliche VW-Führungsriege von den verbauten Einrichtungen gewusst haben muss.
mam/LTO-Redaktion
Kammergericht: . In: Legal Tribune Online, 20.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37153 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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