Sind Faschingstage Feiertage? Bekomme ich Schadensersatz bei Platzwunde wegen Bonbon-Abwurf? Gibt es ein Recht auf Verkleidung? Auch zum Höhepunkt der fünften Jahreszeit werden Juristen von Rechtsfragen nicht verschont. Hier die Antworten.
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Die "jecken" Tage sind angebrochen und insbesondere der Kölner oder Mainzer Arbeitnehmer würde gerne schon um 11:11 Uhr im bunten Karnevalsgetümmel auf die Straße oder in die nächste Karnevalskneipe gehen. Doch halt! Sind Weiberfastnacht, Rosenmontag und Faschingsdienstag überhaupt "Feier" - Tage?
Leider nein – qua Gesetz handelt es sich um ganz normale Werktage. Sich "krank" zu melden und dann möglicherweise von Kollegen in der Kneipe ertappt zu werden, ist eher keine gute Idee. Denn man riskiert eine Abmahnung oder gar eine Kündigung.
Wer keine Urlaubstage opfern will, für den gibt es dennoch Hoffnung: Die "betriebliche Übung". Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat dazu entschieden, dass ein Arbeitgeber, der in drei aufeinanderfolgenden Jahren freiwillig und vorbehaltlos bezahlten oder unbezahlten Urlaub an Karneval gewährt hat, diesen nicht einfach wieder streichen kann. Nur wenn die geschenkten Urlaubstage für die kommenden Jahre ausdrücklich unter Vorbehalt gewährt wurden, kann der Arbeitgeber die Urlaubstage durch eine "Angleichung der Betriebsvereinbarung" neu regeln und die jecken Tage wieder zu normalen Arbeitstagen machen (LAG Köln, Beschl. v. 17.02.2006, Az. 6 Ta 76/06).
Falls man nicht zu den Glücklichen gehört, deren Betrieb es die letzten Jahre so bunt getrieben hat, muss man sich wohl oder übel normalen Urlaub nehmen. Und geht der Antrag zu spät ein, oder sind bereits zu viele Kollegen abwesend, muss man wohl oder übel ins Büro.
An Weiberfastnacht werden bekanntlich Krawatten abgeschnitten. Macht besonders viel Spaß bei der Seidenkrawatte des bierernsten Kollegen im Nadelstreifenanzug, der das feucht-fröhliche Treiben nebenan nur mit einem Naserümpfen kommentiert. Selbst Schuld, wenn er das gute Stück an genau diesem Donnerstag trägt, oder?
So einfach ist das nicht, denn ein "Abschneiderecht" kennt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) nur in § 910 und dort bezieht es sich nur auf überhängende Wurzeln oder die Zweige eines Baumes oder eines Strauches, nicht auf Krawatten.
Eigentlich liegt hier nämlich eine Sachbeschädigung nach § 303 Strafgesetzbuch (StGB) vor, die im Rahmen des § 823 BGB auch zivilrechtliche Konsequenzen haben kann. Sie ist widerrechtlich, sofern der Schlipsträger dem Abschneiden nicht zustimmt. Und dann kann der Spaß schnell teuer werden.
Das Amtsgericht Essen verurteilte eine "Abschneiderin" tatsächlich gemäß § 823 Abs. 1 BGB (Urt. v. 03.02.1988, Az. 20 C 691/87). Auch wenn das Schlipsabschneiden an Weiberfastnacht Brauch sei, dürfe auf die Einwilligung des Kunden eines Reisebüros zum Eingriff in sein Eigentum nicht verzichtet werden.
Von einer generellen Einwilligung kann man also auch in den närrischen Regionen nicht ausgehen. Denn kommt der Herr Kollege zum Beispiel aus Stuttgart und kennt die Kölner Sitten noch nicht, könnte es leicht Ärger geben.
Dürfen die Angestellten, die an den Faschingstagen nicht frei bekommen, dann zumindest verkleidet zur Arbeit gehen? Ein Recht darauf haben Arbeitnehmer nicht. "Der Arbeitgeber kann grundsätzlich eine Dienstkleidung oder einen bestimmten Kleidungsstil vorgeben", sagt der Sprecher der Anwaltauskunft. Viele Chefs, vor allem in den Karnevalshochburgen, sähen Verkleidungen allerdings locker.
Alkohol am Arbeitsplatz kann der Arbeitgeber ebenfalls verbieten – und wer betrunken ist, kann selbstverständlich nicht nur nach Hause geschickt, sondern auch an Karneval abgemahnt werden.
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, sich im Kostüm hinter das Steuer zu setzen – allerdings muss die Verkehrssicherheit gewährleistet sein. Ein Autofahrer muss immer in der Lage sein, den Wagen sicher zu führen. Wer zum Beispiel mit Maske unterwegs ist, muss darauf achten, dass diese nicht die Sicht einschränkt.
Kostümierte Jecken sind auch nicht per se fahruntauglich. Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)verbietet die Teilnahme am Verkehr bei Vorliegen geistiger oder körperlicher Mängel – jeck reicht dafür nicht von vorneherein aus. Wer Alkohol getrunken hat, sollte sich aber selbstverständlich auch an Karneval - und verkaterten Folgetagen - nicht hinters Steuer setzen.
Wer nach einem feuchtfröhlichen Abend das Auto stehen lässt und zu Fuß geht, sollte ebenfalls vorsichtig sein. Für Fußgänger gibt es zwar keine Promille-Grenzen wie bei betrunkenen Autofahrern oder Radlern. "Wenn ein Gericht feststellt, dass der betrunkene Fußgänger an dem Unfall schuld ist, haftet aber auch er", stellt Walentowski klar.
Narren können unterwegs manchmal in Bedrängnis geraten – wenn die Blase ebenso voll ist wie die Toiletten der Kneipen. Öffentliches Urinieren geht allerdings richtig ins Geld. "Wildpinkeln ist eine Ordnungswidrigkeit".
Dabei gelten von Kommune zu Kommune unterschiedliche Höchstsätze. In Hannover und Stuttgart kann Wildpinkeln sogar bis zu 5.000 Euro kosten. In den Karnevalshochburgen sieht das etwas anders aus: In Düsseldorf sind es in der Regel um die 35, in Bonn um die 40 Euro. In Köln kann das freie Urinieren – zumindest zur Karnevalszeit – dagegen bis zu 200 Euro kosten. Auch Mainz hebt seine Sätze in dieser Jahreszeit an, ebenso München während des Oktoberfests – auf 75 Euro beziehungsweise 100 Euro.
Während der Faschingsumzüge fliegen tonnenweise Bonbons und Schokolade durch die Luft. Wer durch fliegende Kamelle an Rosenmontag verletzt wird, hat allerdings wenig Aussicht auf Schmerzensgeld.
Entsprechende Klagen haben Gerichte in der Vergangenheit meist abgewiesen. So begründete das Amtsgericht Köln eine abgewiesene Klage mit dem Hinweis, dass das Werfen von Süßigkeiten und kleineren Gegenständen durchaus erwünscht und der Tradition geschuldet sei. Verletzungen ließen sich demnach nicht völlig ausschließen.
Nicht nur zu Fasching, Fastnacht und Karneval stehen am Eingang zu Clubs und Partys oft private Sicherheitsdienste, die die Taschen der Gäste auf Getränke oder gefährliche Gegenstände kontrollieren. Das ist zulässig: Das Hausrecht erlaubt es, bestimmte Gegenstände wie mitgebrachte Flaschen in den Partyräumen zu verbieten und die Taschen der Gäste auf diese Gegenstände zu kontrollieren.
Quelle: LTO / Deutsche Anwaltsauskunft
Karneval: . In: Legal Tribune Online, 12.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53856 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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