Mit einer neuen Strategie versucht die US-Kanzlei Hausfeld, Schadensersatz nach amerikanischem Vorbild auch für europäische VW-Kunden zu erstreiten. Die angekündigte "Sammelklage" scheint es aber zumindest vorerst nicht zu werden.
Die US-Kanzlei Hausfeld will in der Diesel-Affäre nun Schadensersatz für europäische VW-Besitzer geltend macen. Sie hofft dabei auf Unterstützung vom Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Anwälte reichten am Dienstag für einen ausgewählten Mandanten Klage gegen den Konzern am Landgericht (LG) Braunschweig ein. Sie setzen aber darauf, dass das Gericht vorab auch eine Einschätzung des höchsten EU-Gerichts in Luxemburg einholt, die für viele andere Fälle Bedeutung haben könnte. "Es ist unser Ziel, dass das deutsche Gericht den EuGH anruft", sagte Christopher Rother, Managing Partner für Deutschland.
Er argumentiert anders als die Kläger in den bisherigen Verfahren, die auf einen Mangel oder eine arglistige Täuschung setzten, und damit häufig nicht erfolgreich waren. Seine Argumentation: Weil VW eine Manipulations-Software in Millionen Dieselwagen einbaute, hätten diese überhaupt nicht zugelassen werden dürfen. Deshalb fordert er die Erstattung des vollen Kaufpreises ohne Abzug von Benutzungsgebühren für die Rückgabe des Autos. Sein Mandant hatte Rother zufolge 2010 einen VW Eos gekauft. "Er hat einen Kaufvertrag abgeschlossen, der niemals hätte zustande kommen dürfen."
Diese Rechtsauffassung stützt die Kanzlei nach eigenen Angaben u.a. auf ein Gutachten des ehemaligen Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Joachim Bornkamm, das die Kanzlei vor der Einreichung ihrer Braunschweiger Klage beauftragt hatte. Er sei zu der Einschätzung gekommen, dass sich Volkswagen mit dem Einbau der "defeat devices" schadensersatzpflichtig gemacht habe.
Doch keine Sammelklage auf deutsch?
Gemeinsam mit der Internetplattform my-right.de vertreten die Anwälte Forderungen gegen VW - nach Angaben der Internetplattform nur aus deliktischer Handlung (§ 823 Bürgerliches Gesetzbuch) - von inzwischen mehr als 100.000 Kfz-Eigentümern. myright, hinter der die als Inkassogesellschaft firmierende financialright GmbH aus Hamburg steht, erhält nur im Fall einer erfolgreichen Geltendmachung 35 Prozent "vom Erlös".
Nach Informationen von welt.de sollen die nun in Braunschweig und in den kommenden Tagen an mehreren anderen Gerichten eingehenden Klagen quasi Musterverfahren für die anderen potenziellen Kläger sein, die dann ebenfalls klagen müssten. Man hat sich damit offenbar gegen den ursprünglich angekündigten Plan entschieden, in Ermangelung einer deutschen Sammelklage die Ansprüche zu bündeln und dann gemeinsam in einer einzigen Klage vorzubringen. Auf der Seite von myright.de heißt es dazu noch: "Die Bündelung gleichgerichteter Ansprüche gegen den selben Beklagten sieht Paragraph 260 der Zivilprozessordnung ausdrücklich vor, da mit einem Gerichtsverfahren eine Vielzahl weiterer Verfahren vermieden wird. Aufgrund der Treuhandabtretung ist es myRight möglich, die gleichgerichteten Ansprüche der betroffenen Autokäufer zu bündeln (etwa nach Modell, Baujahr etc.) und in einer 'Sammelklage' zu verbinden."
Bis der EuGH entscheidet, können Jahre vergehen. VW erklärte, man habe die Ankündigung der Diesel-Klagen zur Kenntnis genommen. "Die Klagen wurden uns bisher noch nicht zugestellt, so dass wir uns zu deren Inhalt aktuell nicht äußern können."
Mit Materialien von dpa
Pia Lorenz, Abgas-Skandal: . In: Legal Tribune Online, 03.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21656 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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