Ein Bündnis aus Verbänden, Organisationen und Parteien will erreichen, dass Hamburger Senat und Verwaltung verpflichtet werden, Verträge oder Dienstanweisungen von sich aus zu veröffentlichen. Dazu startete ein Bündnis aus verschiedenen Verbänden, Organisationen und Parteien am Freitag eine Volksinitiative zur Reform des Hamburger Informationsfreiheitsgesetzes.
Der von der Initiative vorgelegte Gesetzentwurf sieht vor, dass die Stadt der Allgemeinheit zukünftig Verträge, Gutachten und Dienstanweisungen zugänglich machen muss. Bürger sollen diese - aber auch Datensammlungen oder Baugenehmigungen - dann über ein kostenloses Informationsregister einsehen können. "Alles, was von öffentlichem Interesse ist, soll künftig zentral ins Internet gestellt werden", sagte der Vertreter von "Mehr Demokratie", Gregor Hackmack. Unterstützt wird die Initiative unter anderem von den Linken, der Piratenpartei, der ÖDP und der globalisierungskritischen Organisation Attac. Auch die Hamburger Grünen haben ihre Sympathie bekundet. Die alleinregierende SPD möchte zunächst das bestehende Gesetz überprüfen.
Die Initiative will bis zum 8. Dezember genügend Unterschriften sammeln, um dann am 20. August 2012 über ein Volksbegehren zu einem Volksentscheid am Tag der Bundestagswahl 2013 zu kommen. Art. 50 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbVerf) sieht vor, dass 10.000 Unterschriften notwendig sind, damit eine Volksinitiative zustande kommt. Dann muss sich die Hamburger Bürgerschaft mit dem Anliegen befassen. Kommt es zu einem Beschluss der dem Anliegen nicht oder nicht vollständig entspricht, können die Initiatoren ein Volksbegehren beantragen. Dieses Volksbegehren muss von 20 Prozent der Wahlberechtigten getragen werden, um einen Volksentscheid in die Wege zu leiten. Dann können die Hamburger am Tag der Wahl zur Bürgerschaft oder zum Deutschen Bundestag über den Gesetzentwurf abstimmen.
Initiatoren: Bestehendes Informationsfreheitsgesetz unzureichend
Hamburg hat bereits seit 2006 ein Informationsfreiheitsgesetz, welches 2009 unter Schwarz-Grün noch einmal erweitert wurde. Nach Ansicht der Initiatoren ist es jedoch in der Praxis untauglich. Denn wollten Bürger an Informationen gelangen, müssten sie zunächst Anträge stellen, gegebenenfalls Gebühren bezahlen und im Falle unzureichender Auskünfte vor Gericht ziehen, sagte Hackmack. Das sei für Privatleute kaum leistbar. "Deswegen wollen wir das Prinzip Information auf Antrag ersetzen durch eine Veröffentlichungspflicht von Amts wegen." Dies betreffe vor allem Verträge, sagte Hackmack mit Blick auf die Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie.
Transparenz stärke nicht nur die demokratischen Beteiligungsrechte der Menschen, sondern erschwere auch Manipulation und Korruption, begründete Gerd Leilich von Transparancy International die Beteiligung seiner Organisation. Der Vertreter des Chaos Computer Clubs, Michael Hirdes, betonte: "Daten, die mit öffentlichen Geldern gewonnen sind, sollten den Bürgern auch öffentlich zugänglich sein." Der technische Aufwand sei dabei überschaubar. "Ich denke, die Stadt und ihre Dienstleister werden da kein Problem haben das umzusetzen." In anderen Ländern sei dies längst üblich.
Kritik, durch die Informationspflichten könnten Unternehmen in Schwierigkeiten geraten, wies Hackmack zurück. Personenbezogene Daten und Betriebsgeheimnisse wie Patente müssten nicht veröffentlicht werden. Er vertrat jedoch auch mit Blick auf die Elbphilharmonie die Auffassung, dass
"bloße Kalkulationen und Preise in der Regel keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse" seien.
dpa/asc/LTO-Redaktion
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Hamburg: . In: Legal Tribune Online, 30.10.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4688 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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