Ein Video des Musikers Gil Ofarim, indem er von antisemitischen Vorfällen in einem Leipziger Hotel berichtet, sorgte vergangenes Jahr für Aufsehen. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben – allerdings gegen Ofarim selbst.
Die Leipziger Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen zu den Ereignissen in einem Leipziger Hotel am Abend des 4. Oktober 2021 und der nachfolgenden Veröffentlichung eines Videos durch den 39-jährigen Musiker und Schauspieler Gil Ofarim abgeschlossen. Das Ermittlungsverfahren gegen einen Hotelmitarbeiter wegen des Vorwurfs der Beleidigung, der versuchten Nötigung, der Volkverhetzung und der falschen Verdächtigung sei eingestellt worden, wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte. Die Ermittlungen hätten keinen hinreichenden Tatverdacht ergeben, hieß es.
Ofarim hatte in dem Video berichtet, dass ihn ein Mitarbeiter des Leipziger Hotels beim Check-In aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen. Das Video verbreitete sich schnell in den sozialen Medien und löste bundesweit Empörung und eine Debatte über Antisemitismus aus. Ofarim und der Hotelmitarbeiter zeigten sich daraufhin gegenseitig an.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hat sich der Vorfall aber tatsächlich nicht so ereignet. Es seien umfangreiche Ermittlungen durchgeführt worden, heißt es in einer Pressemitteilung. So seien zahlreiche Zeugen vernommen und ein digitalforensischer Sachverständiger mit der Sichtung und Begutachtung der sichergestellten Videoaufnahmen mehrerer Überwachungskameras im Hotelbereich beauftragt worden. Die Schilderungen von Ofarim zum Geschehensablauf hätten sich nicht bestätigt.
Vorwurf der Verleumdung und falscher Verdächtigung
Dagegen bestehe aber hinreichender Tatverdacht dafür, dass Ofarim das Video mit dem Wissen um die Unwahrheit seiner Aussagen und in Kenntnis der sich daraus für den betroffenen Hotelmitarbeiter ergebenden ehrverletzenden und in der öffentlichen Meinung herabwürdigenden Folgen veröffentlicht habe, so die Staatsanwaltschaft weiter. Dies begründe den Tatvorwurf der Verleumdung und der falschen Verdächtigung. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm außerdem vor, seine Behauptungen zum angeblichen Geschehensablauf bei der polizeilichen Vernehmung am 12. Oktober wiederholt zu haben sowie den Hotelmitarbeiter wider besseres Wissen der falschen Verdächtigung angezeigt zu haben. Ofarim habe sich damit selbst einer falschen Verdächtigung strafbar gemacht, so die Staatsanwaltschaft.
Aufgrund der besonderen Bedeutung des Falles hat die Staatsanwaltschaft Anklage nicht zum Amtsgericht, sondern zum Landgericht Leipzig erhoben. Das Gericht wird nun über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung eines Hauptverfahrens entscheiden.
acr/LTO-Redaktion
Nach Vorfall in Leipziger Hotel: . In: Legal Tribune Online, 31.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48008 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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