Sechs Tage vor der Bundestagswahl hat sich Finanzminister Olaf Scholz im Finanzausschuss den Fragen zur Affäre um die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU gestellt. Anders als erwartet erschien er am Montag doch persönlich in Berlin.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat im Finanzausschuss des Bundestags Vorwürfe gegen die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU zurückgewiesen. Rund 30 Minuten lang erklärte er die bereits erreichten Reformen bei der FIU, dann beantwortete er Fragen aller Fraktionen, reihum, wie ein Zeuge im Untersuchungsausschuss.
Scholz führte aus, die Behörde habe in den vergangenen drei Jahren mehr hinbekommen als in 30 Jahren. Er betonte erneut, die FIU sei personell aufgestockt worden und habe eine moderne IT-Struktur bekommen. Das Meldungsaufkommen werde weiter steigen. Die Kriterien, welche Geldwäschemeldungen an Behörden weitergeben werden, würden weiter verbessert.
Der Kanzlerkandidat traf im Ausschuss auch mit FIU-Chef Christof Schulte zusammen – zum ersten Mal traf er ihn in seiner Zeit als Minister persönlich. Anders als von der Union und den Oppositionsparteien erwartet war der SPD-Kanzlerkandidat doch persönlich in Berlin erschienen – und sagte dafür Wahlkampftermine in Baden-Württemberg ab. Warum er nun doch selbst kam und sich nicht zuschalten ließ, beantwortet Scholz nicht.
FDP, Grüne und Linke hatten die Sondersitzung des Bundestagsausschusses kurz vor der Wahl beantragt, nachdem die Osnabrücker Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung beim Finanz- und beim Justizministerium durchgeführt hatte. Hintergrund der Aktion sind Ermittlungen gegen Mitarbeiter der FIU, einer Anti-Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls in Köln, die Scholz' Finanzministerium zugeordnet ist. FIU-Mitarbeiter sollen Hinweise auf Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig an Justiz und Polizei weitergeleitet haben. In diesem Zusammenhang wollten die Ermittler Unterlagen aus beiden Ministerien einsehen.
Oppositionspolitiker wie der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar sehen strukturelle Defizite bei der FIU. Der AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk sagte, der Minister sei für Fehler bei der Behörde verantwortlich.
Kritik an Durchsuchung im Ministerium
Die Durchsuchung in Scholz' Ministerium nur wenige Tage vor der Bundestagswahl hatte auch einige Fragen aufgeworfen. So waren die gesuchten Unterlagen der Staatsanwaltschaft nach Darstellung des Justizministeriums bereits lange vorher angeboten worden. Die Staatsanwaltschaft stellt das betreffende Telefonat dagegen so dar, dass das Ministerium die Herausgabe der Unterlagen zunächst ablehnte und auf "den großen Dienstweg" verwies. So habe man entschieden, Durchsuchungen in beiden Häusern zu beantragen. Übereinstimmend heißt es, dass die Ermittler die fraglichen Unterlagen ohne Probleme einsehen konnten.
Spekulationen über einen Wahlkampf-Hintergrund gab es unter anderem, weil der Chef der Osnabrücker Staatsanwaltschaft, Bernard Südbeck, ebenso CDU-Mitglied ist wie Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza. Der Sprecher der Ermittlungsbehörde wies diese Spekulationen zurück: Die Ermittlungen würden nicht von Südbeck geleitet, sagte er. Der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Joachim Wieland hält die Durchsuchung dennoch für rechtswidrig. Es gebe "durchgreifende Zweifel an der erforderlichen Verhältnismäßigkeit". "Für das scharfe Schwert einer Durchsuchung ist kein Anlass ersichtlich. Sie war nicht erforderlich und deshalb rechtswidrig.", schrieb er in einem Blogeintrag für den Verfassungsblog.
dpa/ast/LTO-Redaktion
Finanzausschuss des Bundestags: . In: Legal Tribune Online, 20.09.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46062 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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