Ob verheiratet oder nicht: Die Kosten für die künstliche Befruchtung einer Frau können zu steuerlich abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen führen, wie das FG Münster entschied.
Die Kosten für die künstliche Befruchtung einer Frau können zu steuerlich abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen führen. Ob die Frau verheiratet ist oder in einer festen Beziehung lebt, ist dabei unerheblich. Dies entschied das Finanzgericht (FG) Münster in einem am Montag veröffentlichten Urteil (v. 22.06.2020, Az. 1 K 3722/18 E).
Bei der im Streitjahr 40 Jahre alten Klägerin wurde eine krankheitsbedingte Unfruchtbarkeit festgestellt. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie Kosten für eine Kinderwunschbehandlung in Höhe von rund 12.000 Euro - worin auch Aufwendungen für eine Samenspende enthalten sind - als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das wollte das Finanzamt aber nicht anerkennen. Das Argument: Solche Kosten seien nur bei verheirateten oder in einer festen Beziehung lebenden Frauen abzugsfähig, so die Begründung. Die Frau machte zu ihrem Beziehungsstatus aber keine Angaben.
Vor dem FG hatte die Klage der Frau nun in vollem Umfang Erfolg. Das FG erkannte die gesamten Aufwendungen für die Kinderwunschbehandlung als außergewöhnliche Belastungen an. Die Unfruchtbarkeit der klagenden Frau stelle, so der 1. Senat, einen Krankheitszustand dar und sei nicht auf ihr Alter zurückzuführen. In der heutigen Zeit seien Schwangerschaften von Frauen über 40 nicht ungewöhnlich. Aus den anzuerkennenden Kosten seien die Aufwendungen für die Samenspende nicht herauszurechnen, da diese mit der Behandlung eine untrennbare Einheit bildeten.
Da die Behandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen worden sei, sei der Familienstand der Frau unerheblich, so das FG. Jedenfalls in dem Bundesland, in dem die Frau behandelt wurde, seien künstliche Befruchtungen alleinstehender Frauen nicht durch diese Richtlinien ausgeschlossen. Zudem werde die Zwangslage unfruchtbarer Frauen durch die Krankheit hervorgerufen, nicht durch eine Ehe oder eine Partnerschaft. Schließlich sei erwiesen, dass Kinder alleinerziehender Eltern in ihrer Entwicklung nicht beeinträchtigt seien.
Möglicherweise wird das letzte Wort in der Sache aber der Bundesfinanzhof haben. Wegen der Grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ließ das FG die Revision zu.
acr/LTO-Redaktion
FG Münster zu künstlicher Befruchtung: . In: Legal Tribune Online, 03.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42390 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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