Die mehrfache Erstattung einer einmal einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer "scheidet denknotwendig aus", so das FG Köln. Aktienkäufer müssten nachweisen, dass gerade ihre Steuer einbehalten worden ist.
Im vergangenen Sommer hat das Finanzgericht (FG) Köln in der Sache erstmalig in einem Cum-ex-Verfahren entschieden und das Modell für unzulässig erklärt. Am Mittwoch hat es nun die Urteilsbegründung veröffentlicht, in der es die Eigentümerstellung mehrerer Aktienkäufer für "logisch unmöglich" erachtet. Um eine steuerliche Erstattung begründen zu können, müssten diese nachweisen, dass gerade ihre Kapitalertragsteuer einbehalten worden ist (Urt. v. 19.07.2019, Az. 2 K 2672/17).
Bei "Cum-Ex"-Geschäften schieben Investoren rund um den Dividendenstichtag Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch zwischen Beteiligten hin und her. So werden Aktiengeschäfte vor dem Dividendenstichtag mit einem Anspruch auf die zu erwartende Dividende ("cum-Dividende") abgeschlossen, aber nach dem Stichtag vereinbarungsgemäß mit Aktien ohne Dividendenanspruch ("ex-Dividende") erfüllt. Am Ende ist dem Fiskus nicht mehr klar, wer überhaupt Eigentümer ist. Die Folge: Finanzämter erstatten Kapitalertragsteuern mehrfach, obwohl die Steuer nur einmal gezahlt wurde.
FG: Mehrere Eigentümer pro Aktie? "Logisch unmöglich"
27 Millionen Euro wollte sich ein US-Pensionsfond in dem von dem FG Köln entschiedenen Fall nach einem solchen Modell von der deutschen Staatskasse erstatten lassen. Das Gericht hatte nun zu entscheiden, ob dem Aktienkäufer ein entsprechender Anspruch zusteht.
Eine nur einmal einbehaltene und abgeführte Kapitalertragssteuer könne "denknotwenig auch nur einmal erstattet werden", entschied das FG. Der Aktienkäufer könne sich die Kapitalertragsteuer nicht erstatten lassen, weil er weder rechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien am Dividendenstichtag gewesen sei, heißt es in den nun veröffentlichten Urteilsgründen.
Für die Finanzrichter sei es "logisch unmöglich", dass es mehrere parallele wirtschaftliche Eigentümer an derselben Aktie gebe. Im Übrigen widerspreche dies sowohl der zivilrechtlichen als auch der steuerrechtlichen Systematik.
Da der Aktienkäufer eine Steuererstattung begehre, müsse er also nachweisen, dass gerade seine Kapitalertragsteuer für ihn einbehalten und abgeführt worden sei. Dabei hob das FG hervor, dass nicht "irgendeine" Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt worden sein müsse, sondern gerade die für die Rechnung des Aktienkäufers. Davon, dass das der Fall ist, konnte der US-Fonds den Kölner Senat allerdings nicht überzeugen.
Ebenso wenig konnte er klagende US-Fonds das Gericht von der Rechtsauffassung überzeugen, dass der Gesetzgeber durch die Neuregelungen im Jahressteuergesetz 2007 eine Mehrfach-Anrechnung einmal einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteuer gebilligt habe. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich vielmehr, so der Senat, dass der Gesetzgeber hierdurch die Steuerausfälle gerade habe vermeiden wollen.
Steuerrechtler: Urteil hat "Leitcharakter" für weitere Verfahren
Der Steuerrechtler Christoph Spengel sieht in der Entscheidung einen "Leitcharakter" für weitere Verfahren. Derzeit sind beim Bundeszentralamt für Steuern nämlich noch viele vergleichbare Fälle anhängig. Das Steuerschlupfloch, das den Staat über Jahre Schätzungen zufolge mehrere Milliarden gekostet hat, ist inzwischen geschlossen.
"Was für die Praxis wichtig ist: Wenn man eine Steuer erstattet bekommen will, muss man nachweisen, dass sie auch bezahlt worden ist", sagte Spengel, der an der Universität Mannheim die Fakultät für Betriebswirtschaftslehre leitet: "Das Gericht sagt ganz klar: Die relevanten Steuergesetze haben das niemals zugelassen, dass ein Leerverkäufer eine Kapitalertragsteuer bekommt, die niemals abgeführt wurde. Das hat niemals dem Willen des Gesetzgebers entsprochen", so Spengel, der als schärfster Kritiker der Cum-Ex-Geschäfte gilt.
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens gegen das Urteil die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) in München zugelassen. In Bonn läuft unterdessen das erste Strafverfahren zu den Cum-Ex-Deals. Dort steht nicht das Steuerrecht im Vordergrund, sondern die Frage, ob Cum-Ex-Deals eine Straftat waren. Ein Urteil soll im Februar fallen. Eine höchstrichterliche Entscheidung gibt es bislang nicht.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
FG Köln veröffentlicht Cum-ex-Urteil: . In: Legal Tribune Online, 15.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39691 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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