Wenn Zollbeamte im Einfuhrabgabenbescheid irrtümlich zu geringe Abgaben festsetzen, darf der Fehlbetrag nicht nacherhoben werden. Dies entschied das FG Hamburg in einem am Montag bekannt gewordenen Urteil.
Der Kläger hatte über das Internet einen Blu-ray-Player zum Preis von rund 500 Euro bestellt. Bei Abholung des Gerätes beim Zollamt meldete er die Einfuhr ordnungsgemäß an. Der diensthabende Zollbeamte setzte gegenüber dem Kläger in einem mehrseitigen Einfuhrabgabenbescheid Abgaben in Höhe von 88,68 EUR fest. Der Kläger zahlte diesen Betrag und verließ das Zollamt.
Erst danach bemerkte der Zollbeamte, dass er bei der Eingabe der Daten in das EDV-System einen Fehler gemacht hatte und dass gegenüber dem Kläger zu geringe Einfuhrabgaben berechnet worden waren. Das Zollamt erhob deshalb vom Kläger Einfuhrabgaben in Höhe von weiteren 77,21 Euro nach und führte zur Begründung aus, dass der Kläger durch schlichtes Nachlesen der einschlägigen Gesetzesvorschriften diesen Fehler bei der Berechnung der Einfuhrabgaben hätte bemerken können; auf Vertrauensschutz könne er sich deshalb nicht berufen.
Dieser Begründung widersprachen die Richter des Finanzgerichts (FG) Hamburg in ihrem Urteil: Der Kläger habe darauf vertrauen dürfen, dass die Zollbeamten über die erforderliche Sachkunde verfügen würden. Es sei lebensfremd und vom Kläger nicht zu verlangen, sich während der nur etwa 15 Minuten dauernden Zollabfertigung über die zutreffende Höhe der Einfuhrabgaben zu informieren (Urt. v. 03.05.2011, Az. 4 K 63/11).
Abgesehen davon, dass die zollrechtlichen Bestimmungen dem Kläger im Zeitpunkt der Zollabfertigung nicht zur Verfügung gestanden hätten, könne vom Bürger nicht erwartet werde, dass er sich in den zollrechtlichen Bestimmungen, die nicht nur unübersichtlich und schwer verständlich seien, sondern jedes Jahr auch mehrere Tausend Seiten umfassten, besser auskenne als der Zoll.
age/LTO-Redaktion
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FG Hamburg: . In: Legal Tribune Online, 23.05.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3338 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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