Auch die Anreise zu Auswärtsspielen gehört für Profisportler zur Arbeitszeit. Ob auf dem Weg noch Taktikbesprechungen stattfinden oder nicht: Der Verein ist bei Sonderzuschlägen von der Steuer befreit, so das FG Düsseldorf.
Profi-Sportmannschaften reisen zu Auswärtsspielen regelmäßig in Mannschaftsbussen an. Die Fahrten sind einem Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf zufolge Arbeitszeit. Daher bleiben die für die Fahrzeit gezahlten Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge steuerfrei, heißt es in der am Donnerstag bekanntgegebenen Entscheidung (Urt. v. 11.07.2019, Az. 4 K 1653/17 L).
Ein Verein - Sportart und Liga nannte das Gericht mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht - hatte sich mit dem Finanzamt um die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gestritten, die neben dem Grundlohn gezahlt wurden. Nach § 3b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind diese Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei.
Das Finanzamt erkannte die Fahrzeiten aber gar nicht erst als Arbeitszeit an und forderte nachträglich Lohnsteuer auf die Zuschläge. Die Behörde vertrat dabei die Auffassung, dass das rein passive Verhalten der Arbeitnehmer während der Fahrt keine "tatsächlich geleisteten Arbeit" sei, wie es in § 3b EStG heißt. Darüber hinaus handele es sich auch nicht um eine belastende, sondern ruhende beziehungweise passive Tätigkeit.
Dieser Argumentation folgte das FG Düsseldorf allerdings nicht: Die Spieler seien vielmehr zur Fahrt im Mannschaftsbus bei Auswärtsterminen vertraglich verpflichtet, eine individuelle Anreise sei ihnen nicht erlaubt. Damit sei die Fahrt auch vergütungspflichtige Arbeitszeit, entschied der 14. Senat. Er verwies auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), wonach dies auch für Fahrtzeiten anzunehmen sei, die nicht Hauptleistungspflichten seien, wie es zum Beispiel bei Berufskraftfahrern der Fall ist (Urt. v. 20.04.2011, Az. 5 AZR 200/10).
FG: Kein Anlass, ruhende Tätigkeit auszusparen
Die passiven Fahrzeiten könnten auch nicht als "arbeitsfreie Reisezeit" im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) angesehen werden, so das Gericht. Das ArbZG diene einem effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz und damit einem anderen Zweck. Die vergütungsrechtliche Einordnung nach dem EStG sei deswegen davon zu unterscheiden, so das FG.
Insgesamt ließen sich dem Wortlaut des Gesetzes auch keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass vergütungspflichtige – wenn auch passive – Zeiten von dem Begriff der "tatsächlich geleisteten Arbeit" auszunehmen seien, entschied der Düsseldorfer Senat. Die Auslegung der Behörde, wonach eine Steuerfreiheit nur dann in Frage komme, wenn es sich um eine wie auch immer belastende Haupttätigkeit handelt, sei unter keinen Auslegungsgesichtspunkten gerechtfertigt.
Rechtsanwalt Dr. Maximilian Schmidt von der Kölner Kanzlei Seitz teilt die Einschätzung des Düsseldorfer Finanzgerichts. Arbeitsrechtlich seien die Spieler verpflichtet, an der Busfahrt teilzunehmen, unterlägen also zu diesen Zeiten dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. "Der Arbeitgeber könnte theoretisch jederzeit anordnen, dass sich die Mannschaft auf ihren Handys Aufzeichnungen früherer Spiele anschauen und analysieren muss, um sich auf den kommenden Gegner vorzubereiten. Oder aber er belässt es eben bei der ruhenden Vorbereitung auf das Spiel", veranschaulicht der Kölner Arbeitsrechtler im Gespräch mit LTO. Gerade hierfür würden die Spieler ja auch vergütet. Auf eine besondere Belastung für die Spieler komme es in der steuerlichen Beurteilung dann entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamts nicht an.
Interessant sei übrigens, so Schmidt, dass das FG Düsseldorf für Punkt- und Jahresleistungsprämien in der Vergangenheit eine Steuerbegünstigung nach § 3b EStG hingegen abgelehnt habe (Urt. v. 04.08.2006, Az. 18 K 2736/04 E). Dies sei indes konsequent, denn Einsatzprämien dienten als Leistungsanreiz, würden unabhängig von der Terminierung der Mannschaftsspiele gewährt und sollten nicht ungünstige Arbeitszeiten ausgleichen.
Das Finanzamt hat in dem aktuellen Fall bereits Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt (Az. VI R 28/19).
mgö/LTO-Redaktion
FG Düsseldorf zum Profisport: . In: Legal Tribune Online, 05.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37473 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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