Vor dem OLG Jena wird derzeit Führungsfiguren der rechtsextremen Kampfsportgruppe "Knockout 51" der Prozess gemacht. Nun wurden ein weiterer mutmaßlicher Rädelsführer sowie ein Führungsmitglied der Partei "Die Heimat" festgenommen.
Justiz und Polizei sind erneut gegen die rechtsextreme Kampfsportgruppierung "Knockout 51" vorgegangen. Am Donnerstagmorgen habe es im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die Gruppe drei Festnahmen gegeben, sagte eine Sprecherin des Generalbundesanwalts (GBA) am Donnerstag in Karlsruhe.
Kevin N. und Marvin W. seien wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in einer kriminellen und terroristischen Vereinigung festgenommen worden. N. wird auch zur Last gelegt, "Knockout 51" gegründet und als Rädelsführer agiert zu haben (§ 129 Abs. 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 StGB).
Laut Angaben des Rechercheportals Erfurt ist N. außerdem Mitglied der Neonazi-Hooligangruppe "Jungsturm Erfurt" und bewegt sich in der thüringischen Hauptstadt im Umfeld des Ablegers der Identitären Bewegung "Kontrakultur Erfurt". Dem dritten Festgenommenen Patrick Wieschke wird die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (§ 129 Abs. 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB) vorgeworfen. Wieschke ist Landesvorsitzender der NPD in Thüringen, die sich jetzt "Die Heimat" nennt.
Im Zuge der Festnahmen seien vier Objekte in Thüringen durchsucht worden. Nach dpa-Informationen fanden diese Durchsuchungen in Erfurt und Eisenach statt. In den Reihen von "Knockout 51" hatten sich in den vergangenen Jahren besonders gewaltbereite Rechtsextremisten gesammelt. Die Gruppe war vor allem im Raum Eisenach aktiv und arbeitete dort seit Jahren auf die Schaffung eines "Nazikiezes" hin.
Bei "Knockout 51" handele es sich um eine rechtsextremistische Kampfsportgruppe, "die unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen Trainings junge, nationalistisch gesinnte Männer anlockte, diese bewusst mit rechtsextremem Gedankengut indoktrinierte und für körperliche Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten, Angehörigen der politisch linken Szene und sonstigen als bekämpfenswert erachteten Personen ausbildete", heißt es in einer Mitteilung des GBA.
Mutmaßlicher Rädelsführer festgenommen
Nach Angaben des GBA soll N. zu den Führungsfiguren der Gruppe gehört haben. Er habe "Knockout 51" spätestens im März 2019 gemeinsam mit drei der vier Angeklagten gegründet, gegen die vor dem Oberlandesgericht (OLG) Jena seit einigen Wochen schon ein großer Staatsschutzprozess läuft. Der Mann habe Mitglieder und Anwärter der Gruppierung im Sinne ihrer rechtsextremistischen Ideologie geschult und auch "Kiezstreifen" angeführt.
Der "Die Heimat"-Landesvorsitzende Wieschke steht nach Angaben des GBA im Verdacht, die Immobilie "Flieder Volkshaus" in Eisenach als Trainingsort für "Knockout 51" zur Verfügung gestellt zu haben. "Dort stellte er ihnen auch einen Raum als Waffenlager zur Verfügung", heißt es in der Mitteilung.
Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Die Linke) sagte, die neuerlichen Razzien müssten für die Behörden in Thüringen Anlass sein, das "Flieder Volkshaus" dicht zu machen und damit der bundesweiten Neonazi-Szene einen wichtigen Treff- und Rückzugsort zu nehmen. "In Eisenach wurden über Jahre Menschen durch Neonazis terrorisiert", sagte sie. Ausgangspunkt solcher Angriffe sei regelmäßig diese Immobilie gewesen.
Keine terroristische Vereinigung?
Der dritte Festgenommene Marvin W. soll sich der Gruppe im März 2019 angeschlossen und an Kampfsport- und Schießtrainings teilgenommen haben. Gemeinsam mit dem festgenommenen mutmaßlichen Rädelsführer N. soll er im September 2021 geplant haben, einen tödlichen Angriff auf Linksextremisten durchzuführen. Der Plan misslang. Er hätte dabei mit einem Auto in die Gegner fahren sollen.
Die drei Festgenommenen sollen im Laufe des Tages dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. An ihrer Festnahme waren den Angaben nach Beamte des Bundeskriminalamts, Spezialkräfte der Bundespolizei sowie Polizisten aus Thüringen und Sachsen-Anhalt beteiligt.
Abgeschlossen seien die Ermittlungen gegen "Knockout 51" auch mit diesen Durchsuchungen und Festnahmen nicht, sagte die Sprecherin in Karlsruhe. Entgegen der vorläufigen Rechtsauffassung des OLG Jena stufe der Generalbundesanwalt "Knockout 51" nach wie vor als terroristische Vereinigung ein.
Vor dem OLG Jena müssen sich derzeit vier mutmaßliche Mitglieder von "Knockout 51" verantworten. Leon R. und drei weitere Männer hätten unter anderem geplant, ihre politischen Gegner durch den Einsatz von Messern, Äxten und Macheten zu töten, hieß während der Verlesung der Anklage. Solche Waffen hätten sie auch bereits besessen. Der 3. Strafsenat hatte die Anklage gegen die Männer seinerzeit nur unter der Maßgabe zugelassen, "Knockout 51" zumindest vorübergehend nur als kriminelle (§ 129 Abs. 1 StGB) und nicht als terroristische Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB) einzuordnen.
Verfahren vorm OLG Jena bis Ende März 2024 terminiert
Die Angeklagten hatten zum Prozessbeginn geschwiegen. Später forderte der Verteidiger des Hauptangeklagten Leon R. das Ende des Verfahrens gegen seinen Mandanten. Das Gericht lehnte diesen Antrag ab.
Zuletzt gingen Ermittler Ende November mit einer großen Aktion in Thüringen und Hessen gegen die Gruppe vor. Schwerpunkt der Maßnahmen war Eisenach, weitere Objekte wurden im Raum Jena und im hessischen Bad Wildungen durchsucht, wie das Landeskriminalamt Thüringen (LKA) und die Staatsanwaltschaft Gera dazu mitteilten.
Das Staatsschutzverfahren vor dem OLG Jena gegen Leon R. und die drei weiteren Angeklagten ist bis Ende März 2024 terminiert. Die Bundesregierung hatte kürzlich in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken im Bundestag eingeräumt, dass auch ein aktiver Bundeswehrsoldat in die Gruppierung "Knockout 51" verwickelt sei.
Mit Material von dpa
Neonazis festgenommen: . In: Legal Tribune Online, 14.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53419 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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